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30.10.2025 - von Hanne Schweitzer
Sie applaudieren sich selbst. Nachdem das Kabinett den Bericht der Bundesregierung zur Evaluierung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) "abgesegnet" hat, loben Bundesregierung und immerhin drei Ministerien, das BMLEH (Heimat), das BMBFSFJ (Familie) und das BMI (Inneres), was ihnen an der öffentlich-rechtlichen Stiftung gefällt: Wichtiger Lernort, Wissensvermittler, finanzieller Förderer für knapp 30 Millionen freiwillig Engagierte, Schnittstelle zwischen Staat und Bürgergesellschaft, unverzichtbare Arbeit für das Ehrenamt, Herz und Rückgrat unserer Heimat, Beitrag für mehr Zusammenhalt und gegen Polarisierung in unserem Land.
Die Staatsministerin im Kanzleramt, Dr. Christiane Schenderlein, seit dem 6. Mai 2025 als erste Staatsministerin der Republik zuständig für Sport und Ehrenamt, legt noch einen drauf. „Die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt ist ein Erfolgsmodell! Der Bericht zeigt, dass staatliche Unterstützung unbürokratisch und effektiv aussehen kann. Wir werden die Arbeit der DSEE weiter stärken und die Entwicklung vorantreiben. Darauf können sich die ehrenamtlich Engagierten in unserem Land verlassen.“
Bei Ministerin Schenderlein sollen künftig "die Fäden für die Engagementpolitik in der Bundesregierung" zusammenlaufen. Sie möchte "eine aktive und schlagkräftige Ehrenamts- und Engagementpolitik" umsetzen, so, wie es sich die Bundesregierung "auf die Fahnen geschrieben" hat. Damit nicht genug! Es geht ihr auch um die "Entwicklung eines strategischen Ansatzes zur Zusammenarbeit mit der Wirtschaft ...". Die Staatsministerin sieht ihre "Rolle innerhalb der Bundesregierung auch als Scharnier". Sie "werde eine Mittlerin zwischen den Ressorts mit ihren spezifischen Zuständigkeiten und dem Bundeskanzler sein." Die hat es in den letzten fünf Jahren nicht gebraucht, und das sich der Bundeskanzler für`s Ehrenamt interessiert - soll man das glauben? 2025 sind die Steuergelder zur Förderung von Sport und Ehrenamt zum letzten Mal über die verschiedenen Einzelpläne des Familien, - Innen- und Heimatministeriums verteilt worden. Ab dem nächsten Jahr sollen die aktuell 30 Millionen Euro pro Jahr als eigene Titel im Etat des Bundeskanzleramts aufgeführt werden.
In Zeiten von geforderter Kriegstüchtigkeit wird die Mehrung unbezahlter Umsonstarbeit für gut dotierte Politiker zunehmend interessant. Auch die Wirtschaft hat Interesse. Darum soll, laut Staatsministerin, "ein strategischer Ansatzes zur Zusammenarbeit mit der Wirtschaft" entwickelt werden. Im Stiftungsgesetz ist von "Wirtschaft" bisher nur einmal und das eher beiläufig, die Rede. Paragraf 3 nennt als einen der Stiftungszwecke die "Vernetzung von Bund, Ländern, Kommunen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft". Hm?
Die aktuelle Stiftungsstruktur
Bei der neuen Staatsministerin sollen künftig alle Fäden zusammenlaufen. Neue Besen kehren gut. Das sagt man so, aber in welche Richtung gefegt werden wird, wenn sich die Bundesregierung eine schlagkräftige Ehrenamtspolitik auf die Fahnen geschrieben hat, das ist die Frage. Steht die Stiftung - wie in ihren ersten fünf Jahren - auch in Zukunft unter der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend? Wird der 19köpfige Stiftungsrat* erhalten bleiben, in dem die ranghöchsten drei Mitglieder das Sagen haben? Aktuell sind das: 1. das Bundesministerin oder der Bundesminister für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2. die Bundesministerin oder der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, 3. die Bundesministerin oder der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft. Je zwei der drei MinisterInnen bzw. ihre Stellvertretenden bilden aktuell den jährlich rotierenden Zweiervorstand. Sie sind zuständig für die Berufung rangniedrigerer Mitglieder des Rats, sie können gegen alle Entscheidungen ein Veto einlegen, und sie bestellen die zwei Personen des Stiftungsvorstands. Soll eine davon abberufen werden, müssen mehr als zwei Drittel der Mitglieder des Stiftungsrats zustimmen.
Zur Stiftung gehören auch Fachbeiräte. Drei an der Zahl, mit 34 Mitgliedern und jeweils einer oder einem Vorsitzenden. Für deren Wahl sind die ranghöchsten Sieben aus dem Stiftungsrat die Königsmacher. Last but not least sorgen zwei Vorstände, die von 88 Mitarbeitenden unterstützt werden, für die Umsetzung der für gut befundenen Entscheidungen der Gremien.
Es wird aber wohl noch etwas dauern, bis ALLE Fäden für die Engagementpolitik bei der Ministerin Schenderlein zusammenlaufen werden. Am 30.10.2025 konnte man einer Pressemitteilung des Bundesfamilienministeriums entnehmen, das Bundesbildungsministerin Prien und der israelische Außenminister Sa`ar eine "Gemeinsame Erklärung" zum Deutsch-Israelischen Freiwilligendienst (DIFD) unterzeichnet haben, der in diesem Jahr sein 10Jähriges Bestehen feiert.
25.3.2020: GESETZ zur Errichtung der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt vom Link
23.7.2020: Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt wird gegründet Link
SATZUNG der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt: Link
VORSTAND der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt: Link
STIFTUNGSRAT* der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt: Link
am 29.10.2025 sind vier der rangniedrigsten Positionen 16-19 vakant
FACHBEIRÄTE der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt: Link
1.
Fachbeirat „Digital und Analog“
Er "untersucht und diskutiert das Zusammenspiel von traditionellen und neuen Formen des bürgerschaftlichen Engagements und Ehrenamts sowie die Veränderungen, Chancen und Herausforderungen, die sich durch die Digitalisierung im Vereins- und Engagementbereich ergeben."
2.
Fachbeirat „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“
"... Gesellschaftliche Verantwortung in der gesamten Breite der Bevölkerung zu ermöglichen und die Instrumente zur Verfügung zu stellen, die dafür gebraucht werden, ist Kern der Aufgabe des Fachbeirates. Dazu hat er eine grundsätzliche Position formuliert." Link
3.
Fachbeirat „Strukturstärkung“
"... Die Strukturen für Engagement und Ehrenamt sind in Deutschland unterschiedlich stark ausgeprägt. Der Fachbeirat „Strukturstärkung“ untersucht und diskutiert, wie die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt diese Strukturen sinnvoll unterstützen kann und welche Angebote der Stiftung dazu beitragen, Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement insbesondere in strukturschwachen und ländlichen Räumen zu stärken. In diesem Rahmen hat er ein Selbstverständnis formuliert und Handlungsempfehlungen erarbeitet, die er 2022 und 2023 dem Stiftungsrat vorgelegt hat. Link
Pressemitteilung zur Evaluierung der ersten fünf Arbeitsjahre der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt: Link
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