Foto: H.J.
04.06.2025 - von Hartmut Jeromin
Gin Fizz, so schmeckte mir schon vor 67 Jahren das Gemisch und nun ist es im Ostseehotel in Dierhagen immer noch im Angebot … und mich überkamen Erinnerungen … ich wurde in diese Landschaft verpflanzt und wuchs mit ihr auf: Mit dem Nördlichen Landrücken und der Ostseeküste davor. Zunächst recht unbewusst darüber, was sich mir so darbot: Wälder auf Hügeln, Seen, Teiche, Kirchen, Flüsse mit Ufern und Städte mit Umsiedlern sowie deren Kindern und deren Schulen.
Irgendwann etwa 1955 organisierten Frauen aus einer Firma in Bützow einen Tagesausflug nach Kühlungsborn und so entstand das erste Foto mit mir am Strand. Dann erst wieder in den Erzählungen der Schwester, sie war ausgeliehen zu Verwandten nach Fuhlendorf, sollte die Tanten da vor Übergriffen schützen. Es gab auch einen mündlichen Bericht der Eltern über eine Reise nach Fuhlendorf, ein Großvater stammte von da.
Und, ja natürlich auch meine Verschickung ins Kinderland nach Wieck auf Rügen. Besonders das nächtliche Übersetzen des Zuges in … ist mir im Gedächtnis geblieben. – Jetzt wurde ich unterbrochen und schwupp ist der letzte Text gelöscht. Also, wie ging es weiter: Aus irgendwelchen Gründen zog die Familie mehrmals um. Somit auch mehrere Schulwechsel. Und ich hatte Gelegenheiten, andere Landschaften von Grund auf zu durchstromern. Natürlich Lehre und Berufsschule auch da herum. Einmal sammelten wir Feldsteine für die Mole in Warnemünde, ein Grund, da auch mit dem Lehr-Kollektiv hinzufahren.
Mein erstes Fahrrad erlaubte dann einen größeren Aktionsradius. Ich wurde flügge. In einem Sommer dann also per Rad nach Kühlungsborn, fünf junge Männer teilten sich ein Viermann-Zelt. Abends natürlich zu den Tanzveranstaltungen, damals noch in den Gastlokalen …
Am Ende zog ich selbst nach Rostock in meine erste Arbeitsstelle. Da entstand ein Foto: Ich als Jüngling mit den Tanten und der Oma auf der Strandpromenade. Einmal versuchte ich mein Glück auch im „Teepott“, ging aber nicht richtig los. Der Sommer 1961 war der intensivste für mich, ich konnte bei den Rügenfestspielen in Ralswieck mitwirken. Und so kam es, dass ich in der Nacht zum 13.08.61 auf der „Sassnitz“ von Rügen nach Trelleborg fuhr (ohne Landgang). In dieser Nacht begann in Berlin der Mauerbau … die Fahrkarte habe ich aufbewahrt.
Dann das Studium in Potsdam. Immer wieder entstanden Gelegenheiten, die Küste zu besuchen. Z.B. als Ferienhelfer in den Kinderferienlagern. Exkursionen mit den Biologen auf den Darß lockten. Im Winter hatte ich eine 16-km-Wanderung entdeckt, von Heiligendamm bis Warnemünde zu Fuß, bei jedem Wetter, oft in weiblicher Begleitung. Damals waren in den Sanddornhecken noch Vögel aus dem Norden zu sehen, so Seidenschwänze und andere Exoten. Und die Winter waren noch Winter. Aber auch den Prerower Zeltplatz lernte ich kennen. -
Als junger Lehrer dann hinein in die Seenplatte, an den Malchiner See. Und sofort auch wieder ins Pionierlager nach Ahlbeck, mit meiner 7. Klasse, drei Wochen … die Ostsee ließ mich nicht los.
Dann wurde es schwieriger, meine eigene Familie verlangte ihr Recht. Die Sommerferien. Mit 5 Personen konnte ich die Familie nicht überfallen, Ferienplätze gab es für uns nie, verstehe ich heute noch nicht. Aber Mecklenburg zog mich weiter magisch an und so wurden die eigenartigsten Unterkünfte gechartert, jedes Jahr, irgendwie. Und alles ohne Auto, aber mit Kinderwagen und Reichsbahn. Geschichten gab`s da … und Warnemünde war immer als Tagesausflug mit drin.
Nun wird es spannender: Ich konnte die Kinderbetreuung in den Schulhorten im Sommer nicht so recht leiden, wurde aber oft dazu eingesetzt. Also musste ich was erfinden: Eine 14-tägige Sommer-Radwanderung in Mecklenburg. Ich fand dort Partner. Geschlafen wurde in Schulen, in der Woche gab es Schulspeisung. Und da die Stadt Dresden auch interessiert war, dass die Kinder die Heimat kennenlernten, gab es auch Finanzen dafür. Bisschen aufwendig in Planung und Abrechnung, aber es funktionierte. 12 Radfahrten mit jeweils 20 Teilnehmern, je 2 Wochen. An- und Abreise mit der Bahn inklusive Radtransport. Ja, und auch der Tagesausflug mit der Bahn nach Warnemünde, alles drin. Fragt mich nicht nach dem Organisationsaufwand! Bei Klassentreffen ist das immer noch Gesprächsgegenstand.
Und dann der Glücksfall, wir fanden als Familie einen Vermieter in Dierhagen/ Fischland. Da fuhren wir ab 1975 regelmäßig hin, ab 1884 sogar mit Trabant. Wie ein Sechser im Lotto. Tor auf, Auto rein in den Garten, Tor zu und nun 2 oder 3 oder 4 Wochen nur Sommer, Sonne, Strand, mit oder ohne Badehose … die Versorgung natürlich wie immer - ein Krimi. Und so fahre ich noch heute jedes Jahr mehrmals immer wieder nach Dierhagen. Ja, auch übersetzen mit der Fähre nach Dänemark ist heute möglich. Wie oft sahen wir die Fähren in Warnemünde ein- und auslaufen …
Jetzt gehen wir aber lieber mehr ins Hotel wegen der Bequemlichkeit. Es gibt Sporträume, Liegeterassen, Strandkörbe, Fahrräder, Schwimmbad, Sauna, eine gute Küche und eben die Ostsee. Solange wir also mobil sind, werden wir das so beibehalten - wie wir eben noch können. Meine Autonummer hat deshalb außer Pir noch die Buchstaben OD wie Ostseehotel Dierhagen. Gerade kamen wir zurück und schon ruft wieder der Norden und die Ostsee nach Hartmut und den Seinen. Moin, Moin und Ahoi!
Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema
Sonstiges:
29.05.2025: DIGITALSIGNALE: Dossier 2024 + 2025
19.05.2025: Privater Porsche Panzer, Mobility Extended: Luxus trifft Unbesiegbarkeit
18.05.2025: Kölner Grüngürtel: Verwaltung will gegen die Mehrheit im Rat agieren
Alle Artikel zum Thema
Sonstiges