29.10.2024 - von BAGSO
Stellungnahme der BAGSO zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung und zur Entlastung von Betreuungsgerichten und Betreuern. Zu dem o.g. Referentenentwurf, der uns mit Schreiben vom 16. September 2024 übermittelt wurde, nehmen wir wie folgt Stellung.
Allgemeine Bewertung
Die überwiegende Zahl der Menschen in Deutschland, die eine rechtliche Betreuerin
oder einen rechtlichen Betreuer haben, sind Erwachsene zwischen 18 und 69 Jahren.
Ältere Menschen, vor allem Menschen mit einer demenziellen Erkrankung, sind
jedoch eine stetig wachsende Gruppe unter den Betroffenen.
In etwa der Hälfte der Fälle wird die Aufgabe von Berufsbetreuerinnen und -
betreuern wahrgenommen, in der anderen Hälfte von Angehörigen sowie (anderen)
ehrenamtlich Tätigen.
Die rund 16.000 Berufsbetreuerinnen und -betreuer nehmen eine wichtige
gesellschaftliche Aufgabe wahr. Zu einem sehr großen Teil kümmern sie sich um
mittellose Menschen. Diese Arbeit verdient mehr Anerkennung. Dazu gehört
insbesondere auch eine angemessene Vergütung.
Dies ist auch im Interesse der betreuten Menschen, denn es besteht die Gefahr, dass
eine nicht angemessene Vergütung dadurch kompensiert wird, dass
Berufsbetreuerinnen und -betreuer immer mehr Personen gleichzeitig betreuen und
dabei die Qualitätserfordernisse, die durch die zum 1.1.2023 in Kraft getretenen
Reform des Betreuungsrechts neu verankert wurden, nicht mehr erfüllen können.
Eine angemessene Vergütung ist auch Voraussetzung dafür, dass
die etwa 800 behördlich anerkannten Betreuungsvereine in Deutschland ihre
wichtige Aufgabe erfüllen können (siehe dazu unten).
Die in dem Referentenentwurf enthaltenen Maßnahmen halten wir in der Summe
nicht für geeignet, eine angemessene Vergütung sicherzustellen. Insofern schließen
wir uns der Bewertung des Betreuungsgerichtstag s(BGT) in seiner Stellungnahme zu dem Referentenentwurf an,
wonach die Vorschläge nicht geeignet sind, die Ziele der Reform des
Betreuungsrechts zu erreichen und die Vorgaben der UN-BRK in der Praxisvumzusetzen.
Höhe der Vergütung und mangelnde Dynamisierung
Die geplante Neuregelung führt zu einer Nivellierung der Vergütung, unabhängig
davon, ob betreuungsspezifische Kenntnisse, z.B. auf der Grundlage eines
Sozialarbeitsstudiums, vorhanden sind, oder ob lediglich ein Sachkundenachweis
erbracht wurde. Für die erstgenannte Gruppe bedeutet es eine Verschlechterung, für
die zweite eine Verbesserung. Dadurch entsteht die Gefahr einer Absenkung des
Niveaus der Tätigkeit von Berufsbetreuerinnen und -betreuern.
Abgesehen davon enthält des Gesetzesentwurf erneut keine
Dynamisierungsregelung. Auch dies birgt die Gefahr, dass insbesondere
Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer dies durch eine immer größere Zahl an
Betreuungsfällen kompensieren (müssen).
(Fehlende) Differenzierungen
Die Vergütung (mittels Pauschalen) für die Betreuung von mittellosen Menschen, die
in der eigenen Wohnung leben, würde sich nach dem Gesetzentwurf verringern. Dies
ist aus unserer Sicht in keiner Weise nachzuvollziehen. Gerade für diese Menschen
dürfte ein hoher Betreuungsaufwand anzunehmen sein, was auch in unserem
komplexen Sozialleistungssystem begründet liegt.
Umgekehrt sollen die Pauschalen für die Betreuung von wohlhabenden Menschen
erhöht werden. Warum für sie ein erhöhter Betreuungsbedarf gesehen wird, bleibt
unklar. Wir schließen uns insoweit auch dem Vorschlag des Betreuungsgerichtstags(BGT) an, dass auch in diesen Fällen die Staatskasse in Vorleistung treten sollte, um die Kosten dann (analog zur Verfahrenspflegervergütung) bei den Betreuten einzuziehen.
Not der Betreuungsvereine
Als Schnittstelle zwischen ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern, Betroffenen
sowie beteiligten Behörden und Gerichten nehmen die etwa 800 behördlich
anerkannten Betreuungsvereine in Deutschland eine zentrale Rolle ein. Sie sorgen für
die Befähigung, Begleitung und Entlastung von Angehörigen und anderen
ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuern und sind insofern eine wichtige
Unterstützung. Die Anbindung ehrenamtlicher Betreuerinnen und Betreuer,
insbesondere der Angehörigen, an die Vereine ist für die Qualität der Betreuung von
erheblicher Bedeutung.
Fehlt es an einer angemessenen Finanzierung der Arbeit der Betreuungsvereine, kann
diese wichtige Schnittstellenfunktion nicht mehr ausgeübt werden, was in der Folge
zu einer Überforderung vieler ehrenamtlicher Betreuerinnen und Betreuer führt.
Das Anliegen, dass die Vereine verstärkt auch Vorsorgebevollmächtigte, die sich
häufig um ältere Menschen kümmern, beraten und begleiten (vgl.
Link
BAGSO_Stellungnahme_zum_Betreuungsrecht.pdf) , wäre damit praktisch nicht mehr
einlösbar.
Kontakt
BAGSO
Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V.
0228 / 24 99 93 13
<84>kontakt@bagso.de
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