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Belgien - 08.09.2024 - von Thomas A. Friedrich
Der Kampf um den Erhalt von Arbeitsplätzen in dem von der Schließung bedrohten Audi-Werk im Brüsseler Stadtteil Forest eskaliert. Mitarbeiter hatten Ende vergangener Woche die Schlüssel von rund 200 auslieferungsfertigen Fahrzeugen in zweistelligem Millionenwert entwendet. Die Mitarbeiter wollen damit offenbar erzwingen, dass die Geschäftsführung Klarheit über die Zukunft des Standortes schafft.
Audi sprach in einer ersten Reaktion von Erpressung und kündigte an, Anzeige erstatten zu wollen, falls die Rückgabe der Fahrzeugschlüssel nicht bis Wochenanfang erfolge.
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Nach Überzeugung der Audi-Gewerkschafter in Brüssel läutet für die Produktionsstätte der Tochtergesellschaft in Forest das Totenglöcklein. Seit der jüngsten Zusammenkunft zwischen der Audi-Werksleitung und dem Betriebsrat in der ersten Septemberwoche pfeifen es die Spatzen von den Dächern: Es wird kein neues Modell als Nachfolge des einzigen im Brüsseler Audi-Werk noch produzierten Elektro-Modells Q8 e-tron geben.
Am Montagmorgen meldeten sich mehr als 100 Beschäftigte zur Frühschicht in Forest. Sie standen jedoch vor verschlossenen Toren. Nach belgischen Medienberichten knüpft Audi die Öffnung an die Bereitschaft der Belegschaft, die Arbeit wieder aufzunehmen sowie an die Rückgabe der entwendeten Fahrzeugschlüssel. Nach Angaben von Gewerkschaftern befinden sich die Schlüssel auf dem derzeit unzugänglichen Werksgelände, “Sie können mich anrufen, mit großem Vergnügen”, zitierte der flämische Rundfunksender VRT den Brüsseler Audi-Sprecher Peter D´hoore.
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Bereits im Juli hatte Ingolstädter Tochtergesellschaft des VW-Konzerns mitgeteilt, dass wegen der schwachen Nachfrage nach E-Fahrzeugen die Einstellung des Produktionsstandortes Brüssel „nicht ausgeschlossen“ sei.
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In dem Werk waren zuletzt über 3.000 Menschen beschäftigt. Mindestens 1.500 Arbeitnehmer könnten noch dieses Jahr ihre Jobs verlieren, weitere 1.100 im nächsten Jahr. Neben den Audi-Angestellten sind laut Schätzungen belgischer Gewerkschaftskreise indirekt weitere 4.000 bis 5.000 Arbeitsplätze bei belgischen Zulieferern bedroht.
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Auch die flämische Zeitung Le Tijd legte in einem Kommentar den Finger in diese Wunde: Die Situation bei Audi Brüssel sei vor allem ein Symptom eines viel breiteren europäischen Problems. Im ersten Halbjahr 2024 habe die Zahl der Firmenpleiten in Flandern sämtliche Rekorde gebrochen. Und immer häufiger erwischte es auch große Betriebe. Es sei eine wahre Schockwelle, welche die europäischen Autobauer als Ganzes treffe.
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