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Bahncard 25 + 50 werden abgeschafft, Bahncard 100 bleibt

Foto: H.S.

16.05.2024 - von Hanne Schweitzer, viele Vereine, etliche Gewerkschaften,

Am 9. Juni ist die Zeit der Bahncard 50 und Bahncard 25 abgelaufen. Es gibt sie dann nur noch digital als "Fahrschein" im Mobiltelefon oder per Mail. Wer kein Smartphone oder keinen Internetanschluss hat, hat halt Pech gehabt. Die Bahn, besser ihre Manager haben kein Interesse daran, Digitalverweigerern oder Menschen ohne Handy oder Computer die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Stattdessen rühmt sich das Unternehmen, durch die Abschaffung der Bahncards im Jahr 30 Tonnen Plastik zu sparen. Das ist löblich, doch die Bahncards müssen ja nicht aus Plastik sein. Pappe täte es auch.
Der Protest gegen die digitale Diskriminierung läuft schon seit einiger Zeit. Regina Görner, von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen BAGSO sagt zum Beispiel: „Es darf nicht sein, dass Menschen, nur weil sie kein Smartphone besitzen, benachteiligt und von Mobilitätsangeboten ausgeschlossen werden.“ Es darf nicht sein, aber es steht zu befürchten, dass es so kommen wird.
Dass es auch anders gehen könnte, beweist die Bahn mit ihrer Bahncard 100, das ist die teuerste von allen. Sie soll weiter als Plastikkarte ausgegeben werden.


14.03.2024: Klage gegen Deutsche Bahn wegen digitaler Altersdiskriminierung durch Bahncard mit Handy-Zwang Link


Berlin, 15.05.2024
Offener Brief
An den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG, Dr. Richard Lutz
Nachrichtlich an:
den Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing, unddie verkehrspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP, CDU/CSU sowie der Gruppe Die Linke


Mobilität für alle gewährleisten: Günstig Bahnfahren ohne Digitalzwang

Sehr geehrter Herr Dr. Lutz,

Mobilität bedeutet gesellschaftliche Teilhabe. Öffentliche Mobilität muss daher niedrigschwellig angeboten werden und von allen gut nutzbar sein – auch von Menschen, die keinen Internetzugang haben oder aus anderen Gründen digitale Angebote nicht nutzen können oder wollen.
Die Deutsche Bahn hat angekündigt, dass ab dem 9. Juni 2024 die BahnCard ausschließlich digital ausgegeben wird. Bereits seit Oktober 2023 werden Sparpreis-Tickets nicht mehr als klassische Papierfahrkarten ohne E-Mail- Adresse oder Mobilnummer verkauft.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind in Deutschland gut fünf Prozent der Menschen im Alter zwischen 16 und 74 Jahren offline. Mit dem Alter steigt die Zahl derjenigen, die weder das Internet nutzen noch ein Smartphone besitzen: Bei den über 80-Jährigen ist nur etwa jeder Dritte online. Günstig Bahnfahren muss jedoch auch für diese Menschen möglich bleiben.

Mit diesem offenen Brief fordern die unterzeichnenden Organisationen Sie deshalb auf:
- Gewährleisten Sie einen analogen Zugang zu BahnCard und Sparpreisen, der ohne Mehrkosten und barrierefrei von allen, auch von sogenannten Offlinern, genutzt werden kann. Ein Papierausdruck, der eine Mobilnummer, einen Online-Account und/oder eine E-Mail-Adresse
voraussetzt und damit an einen Internetzugang gebunden ist, erfüllt diese Anforderung nicht.
- Bieten Sie alle Dienstleistungen und Angebote der Deutschen Bahn auch an barrierefreien Service-Schaltern an und dies nicht nur in den Bahnhöfen der Großstädte. Nur so sind sie weiterhin niedrigschwellig von allen zu nutzen, auch von Offlinern.
- Informieren Sie Bahnkundinnen und -kunden frühzeitig, vollständig und verständlich über Änderungen bei Dienstleistungen und Angeboten. Bis heute herrscht unter Verbraucherinnen und Verbrauchern Unsicherheit über die Digitalisierung von BahnCard und Sparpreisen sowie über mögliche analoge Alternativen.
- Beziehen Sie Bahnkundinnen und -kunden über Betroffenen- und Verkehrsverbände im Vorfeld ein und erfragen Sie ihre Wünsche und Bedarfe. Im Fall der Umstellung von BahnCard und Tickets zu Sparpreisen ist dies nicht gelungen.

Die unterzeichnenden Organisationen wenden sich ausdrücklich nicht gegen digitale Angebote der Deutschen Bahn. Wir sind jedoch überzeugt, dass die Bahn im Sinne eines „Design für alle“ unterschiedliche Zugänge zu ihren Dienstleistungen anbieten muss, um den unterschiedlichen Bedürfnissen ihrer vielfältigen Kundschaft Rechnung zu tragen. Es darf nicht sein, dass Menschen, nur weil sie kein Internet nutzen, benachteiligt und von Mobilitätsangeboten ausgeschlossen werden.


Liste der Unterzeichner

Der offene Brief wurde unterzeichnet von

AWO Bundesverband e.V.
BAG SELBSTHILFE – Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung, chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.
BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e.V.
Berufsverband Arbeit- und Berufsförderung BeFAB e.V
Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm)
Bundesverband für Menschen mit Arm- oder Beinamputa-tion e.V.
Bundesverband Konduktive Förderung nach Petö e.V.
Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V.
Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V.
Bundesvereinigung Selbsthilfe im anthroposophischen Sozialwesen e.V.
dbb beamtenbund und tarifunion – bundesseniorenvertretung
Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. – Selbsthilfe Demenz
Deutsche Cochlea Implantat Gesellschaft e.V.
Deutsche Epilepsievereinigung e.V.
Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V.
Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V.
Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband e.V.
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverband e.V.
Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS)
Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG
Gewerkschaft der Polizei | Bundesvorstand
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) – Bun-dessenior*innenausschuss
Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG)
Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V. (ISL)
VCD Verkehrsclub Deutschland e.V.
ver.di Seniorinnen und Senioren
Verbraucherzentrale Bundesverband e.V.
Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V.

Quelle: Diverse

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