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ANTI-TEUERUNGSPAKET in Österreich -28 Milliarden Euro - für 9 Millionen Einwohner

Foto: H.S.

Österreich - 28.08.2022 - von Hanne Schweitzer

Manche im Land hat kräftig gelacht oder die Faust in der Tasche geballt, als Kanzler Scholz im Juli 22 verkündete, die Regierung hätte durch die vielen Maßnahmen, die sie ergriffen hat, bei den unteren und mittleren Einkommen "ungefähr 90 Prozent der Preissteigerungen" aufgefangen.
Einen Monat später, als immer noch nicht klar war, wie hoch denn nun die "Umlage" für die Gashändler sein wird, die von den Gaskunden bezahlt werden muss, wie der Bundestag es beschlosss, und ob auf die "Umlage" auch noch Mehrwertsteuer fällig wird, konnte mancher nur noch weinen, als Scholz davon sprach, dass die Regierung "alle Herausforderungen im Blick" habe und "bald über ein weiteres Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger entscheiden" wolle. "Bald" - also irgendwann. Seinen Entschluss, 100 Milliarden für die Rüstungsindustrie und ihre Aktionäre locker zu machen, hat Scholz über Nacht getroffen.

Mittlerweile werden in hierzulande Rufe nach einer "Konzentration staatlicher Entlastungsmaßnahmen auf wirklich Bedürftige" lauter. Diese werden, die Arroganz der Macht demonstrierend, auch "Geringverdiener", "Menschen mit geringen Einkommen", "Minderbemittelte", "Menschen mit mittlerem Einkommen", oder eben auch "Bedürftige" (Christian Lindner, FDP) genannt.

Österreich handelt!
Was die Ampelkoalition Anfang August lediglich im Blick hat, packte die Regierung in Österreich schon am 14.Juni in trockene Tücher: Ein Anti-Teuerungspaket. In Wien geht man davon aus, dass die durch steigende Lebensmittel- und Energiepreise getriebene Inflation kein temporäres, sondern eine dauerhaftes Problem sein wird. Darum versucht die Regierung Österreichs mit dem Anti-Teuerungspakat den Kaufkraftverlust abzufedern. Der ist nicht gut für die Konjunktur, denn er zwingt viele Bürger, Schulden zu machen oder ihre Ersparnisse den Energiekonzernen in den weit geöffneten Rachen zu werfen.
Bemerkenswert bei den Österreichern: Das Wort "Bedürftige" oder "Geringverdiener" kommt nicht vor, es bleibt den "Bedürftigen" und "Geringverdienern erspart! Das Anti-Teuerungspaket des Staates Österreich enthält Barzahlungen und Steuererleichterungen. Außerdem noch die Anpassung der Sozialleistungen an die Inflation (Valorisierung), (Ausnahme das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe), und - ohne großes Theater - die Abschaffung der kalten Progression.

Österreich: Ein Anti-Teuerungspaket von 28 Milliarden Euro - für 9 Millionen Einwohner

- Verschiebung der C02-Bepreisung
Dazu gehört die Verschiebung der ab 1.7.22 geplanten CO2-Bepreisung, durch die der Preis für Benzin- und Diesel um weitere 7-8 Cent pro Liter teurer geworden wäre.

- Einmalige Sonderzahlungen für Bezieher von Familienbeihilfe
Im August 2022 erhalten BezieherInnen der Familienbeihilfe eine einmalige, automatische Sonderzahlung von 180 € pro Kind.

- Erhöhung des Familienbonus
Vorgezogen auf den Januar 2022 wird die Erhöhung des Familienbonus bei der Steuer von 1500 € auf 2.000 €. Sie sollte erst im Juli beginnen. Parallel dazu wird der sogenannte Kindermehrbetrag, also der Steuerabsetzbetrag für Eltern mit kleinen Einkommen, von 450 auf 550 € erhöht.

- Teuerungsausgleich im September:
Im September 2022 erhalten Arbeitslose, Sozialhilfe-Empfänger, Studenten mit Studienbeihilfe und Mindestpensionisten einen ersten Bonus von einmalig 300 Euro als Teuerungsausgleich. Diese Notfallmaßnahme soll Menschen nützen, die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, eine Ausgleichszulage, Sozialhilfe, Umschulungsgeld oder Stipendien beziehen. Außerdem jene, die über längere Zeit Kranken- und Rehabilitationsgeld beziehen. Die Auszahlung erfolgt im September automatisch mit der jeweiligen Leistung.

- Steuer- und SV-freie Einmalzahlung für PensionistInnen
Ab September 2022 wird jeweils nach Höhe der Pension eine steuer- und SV-freie Einmalzahlung von bis zu 500 Euro an PensionistInnen ausgezahlt. Kleinere Pensionen erhalten eine höhere Einmalzahlung als die anderen. Bei einer Pension zwischen 1.139 Euro und 1.566 Euro netto pro Monat (kleinere Pensionen), werden einmalig 500 Euro fällig. Ab diesem Betrag sinkt der Bonus bis zu einem Einkommen von monatlich 1.812 Euro netto. Wer mehr Pension bekommt, erhält keine Einmalzahlung.

- Klimabonus für alle über 18 Jahre
Im Oktober 2022 wird als Einmalzahlung ein Klimabonus von 500 Euro ausgezahlt für alle, die älter als 18 Jahre sind. Kinder unter 18 Jahren im selben Haushalt bekommen die Hälfte.

- Zusätzlicher Teuerungsbonus für alle über 18 Jahre
Im Oktober 2022 wird als weitere Einmalzahlung für alle Personen über 18 Jahre ein zusätzlicher Teuerungsbonus von 250 Euro überwiesen. Kinder unter 18 Jahren im selben Haushalt bekommen die Hälfte.
Ab einem jährlichen Einkommen von 90.000 € wird der Teuerungsbonus mit einem Grenzsteuersatz von 50% steuerpflichtig. In diesem Fall sind die 250 € über eine verpflichtende Arbeitnehmerveranlagung als Einkommen zu erklären.

- Erhöhung des Steuerabsetzbetrags um 500 €
Im Jahr 2022 werden die bestehenden Absetzbeträge für ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen einmalig um bis zu 500 € erhöht (Teuerungsabsetzbetrag). Der Teuerungsabsetzbetrag muss über die Arbeitnehmerveranlagung Anfang 2023 aktiv beantragt werden. PensionistInnen mit Anspruch auf die Einmalzahlung haben keinen Anspruch auf den Teuerungsabsetzbetrag.

- Verlängerung der Steuerfreiheit von Zulagen + Bonuszahlungen bis zu 3.000 €
Die in der Corona-Krise 2020/21 beschlossene Regelung, dass zusätzlich geleistete Zulagen und Bonuszahlungen von bis zu 3.000 € pro ArbeitnehmerIn und Jahr steuerfrei ausbezahlt werden, wird auf 2022/23 verlängert. Mit dem Zusatz, dass ein Drittel nur auf Grundlage einer lohngestaltenden Vorschrift (zum Beispiel Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung) ausgeschöpft werden kann.

- Abschaffung der kalten Progression
Unter kalter Progression versteht man den Anstieg der Steuerbelastung durch den jährlichen Inflationsausgleich bei Löhnen und Pensionen. Bislang wurde die Steuerbelastung durch regelmäßige Steuerreformen ausgeglichen. Künftig soll der Steuertarif jährlich angepasst werden. Dazu werden Steuerstufen und Absetzbeträge mit 2/3 der Vorjahresinflation angepasst. Über die Verteilung des verbleibenden Drittels entscheidet die Politik. Der Gruppe der ArbeitnehmerInnen und PensionistIinnen bringt diese Maßnahme etwa 300 Mio € pro Prozentpunkt Inflation. Ausgezahlt wird über die Lohnverrechnung bzw. die Arbeitnehmerveranlagung.

- Valorisierung der Sozialleistungen
Sozialleistungen wie Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Kinderbetreuungsgeld, Studienbeihilfe und Reha-, Kranken- und Umschulungsgeld sollen ab sofort laufend an den Verbraucherpreisindex (VPI) angepasst werden. Weiterhin nicht angepasst werden aber Arbeitslosengeld und Notstandshilfe.

Nicht zum Anti-Teuerungspaket aber erwähnenswert ist das Schulstartgeld von 100 Euro, das in Österreich in jedem September für jedes Kind von 6 bis 15 Jahre gezahlt wird. Dazu kommt das Kinderbetreuungsgeld und die Familienbeihilfe.

Über die von der SPÖ vorgeschlagenen Staffelung der Energiepreise nach Einkommen hat die Regierung bisher noch nicht entschieden. Der Österreichische Gewerkschaftsbund hat dazu ein konkretes Modell vorgelegt: Link

Was ist was?
Familienbeihilfe: Link
Familienbonus: Link
Mindestpensionist: Link
Klimabonus: Link
Weitere Steuerreformen in Österreich im Jahr 2022 unabhängig vom Anti-Teuerungspaket. Z.B. Senkung der Lohnsteuer und Senkung der Einkommenssteuer siehe: Link

15.8.2022

Quelle: diverse