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Ampelplan für Alltagshelfer - Mittelschicht freut sich

Foto: H.S.

01.12.2021 - von Hanne Schweitzer

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP wird im Dezember 2021 ein Zückerchen für überlastete BürgerInnen mit genügend Geld angekündigt. Sie sollen die Möglichkeit erhalten, sogenannte Alltagshelfer zu beschäftigen. Früher hieß das Dienstmädchen. Auf ampelanisch liest sich der Plan so: „Die Inanspruchnahme familien- und alltagsunterstützender Dienstleistungen erleichtern wir durch ein Zulagen- und Gutscheinsystem und die Möglichkeit für flankierende steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse.“

Der geschäftsführende Bundesminister für Arbeit und Soziales, Heil (SPD), konkretisiert das Vorhaben so: „Wir führen für Familien ein System der Alltagshelfer ein. Der Staat gibt
Familien einen Zuschuss in Form von Gutscheinen, damit sie sich legale Hilfe im Haushalt leisten können“.
Familien mit Kindern, Alleinerziehende und Menschen, die Angehörige pflegen, sollen einen staatlichen einen Bonus von maximal 2.000 Euro im Jahr in Form von codierten Gutscheinen erhalten, um damit eine Haushaltshilfe zu bezahlen. Der Staat will nur für 40 Prozent der Kosten für die Alltagshelfer aufkommen, 60 Prozent sollen die pflegenden Angehörigen, Alleinerziehenden und Familien aus eigener Tasche dazutun.

Um an einen, eher aber wohl an eine Alltagshelferin zu kommen, sieht der Plan vor, dass zuerst eine App auf dem Handy oder Computer installiert werden muss. Über diese muss dann sowohl die Buchung bei einem zertifizierten Alltagshelfer_Vermittlungsunternehmen erfolgen als auch - zwecks Abrechnung des staatlichen Zuschusses, der staatliche Gutscheincode eingetragen werden, den das Unternehmen dann mit einer "dafür zuständigen Stelle" abrechnet.

Heil und seine Ampelfreunde möchten, so der Plan, mit diesem Zückerchen den Schwarzmarkt bekämpfen und die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei haushaltsnahen Dienstleistungen fördern.

Dieser Plan wirft Fragen auf:

Die Bürger, wie viele ist bisher nicht bekannt, erhalten vom Staat, sprich von den Steuerzahlern, Gutscheine im Wert von 2.000 Euro im Jahr. Um diese nutzen zu können, müssen die Anspruchsberechtigten aber 3.000 Euro im Jahr zuzahlen.
Geht man von einem Mindestlohn von 12 Euro für die Helfer aus, erhält man für 2.000 Euro 166,6 Helferstunden im Jahr, aber eben nur dann, wenn man in der Lage oder Willens ist, noch 3.000 Euro draufzulegen. - Wer kann sich das erlauben?

- Wie und durch wen soll das Anspruchsrecht potentieller Gutscheinnutzer festgestellt werden?

- Wo sollen die "Alltagshelfer" herkommen, wenn bereits jetzt in Krankenhäusern, bei ambulanten Diensten und in den Seniorenheimen mehrere 100.000 Arbeitskräfte fehlen?

- Was meint die Ampelkoalition mit dem Begriff "Zulagensystem"? Wer profitiert von den Zulagen unter welchen Bedingungen?

- Was verbirgt sich hinter der Formulierung "Möglichkeit flankierender steuerfreier Arbeitgeberzuschüsse"? An welche Möglichkeiten ist gedacht? Welche Gruppe von Arbeitgebern soll mit welchen Anteilen vom "staatlichen Zuschuss" profitieren? Sollen mit den steuerfreien Arbeitgeberzuschüssen die Löhne der Alltagshelfer geboostert werden?

- Welche Beschäftigungsverhältnisse sind für die "Alltagshelfer" vorgesehen, und wer kontrolliert sie?

- Wie wird der Mindestlohn für die "Alltagshelfer" von 12 Euro bzw. "aktuell im Gespräch 12,50 Euro" gewährleistet?

- Welches sollen die "zuständigen Stellen" bei der Abrechnung der staatlichen Gutscheine sein? Sind damit Arbeitsämter, Leiharbeitsfirmen, der Graubereich der privaten Pflegedienste oder Banken gemeint?

- Vom wem werden die "zuständigen Stellen" zu welchem Preis zertifiziert?

- Wie soll eine Fälschung der "Gutscheincodes" verhindert werden? (vgl. Impfzertifikate bei Corona)

- Wie soll mit diesem, für Familien aufwendigen, digitale Kenntnisse voraussetzenden Verfahren der Schwarzmarkt bekämpft werden?

- Welche der genannten Personengruppen kann es sich leisten, bei einem staatlichen Zuschuss von 2.000 Euro im Jahr noch 3.000 Euro an eigener Zuzahlung leisten?

- Wer erhält die privaten Zuzahlungen von 60 Prozent?

- An wen gehen die staatlichen 40 Prozent oder 2.000 Euro in Form von Gutscheinen? Wie viel davon bleibt bei den vermittelnden Stellen hängen?


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Quelle: diverse, 29.11.2021