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Planen EU und Bundesregierung Fahrtauglichkeits-Tests für alle ?

Foto: H.S.

21.01.2024 - von Hanne Schweitzer

Je nachdem, wie die Sitzungen der EU-Gremien zur Führerscheinrichtlinie ausgehen, droht Autofahrern hierzulande eine "Qualifizierte Fahrtüchtigkeitsprüfung". Der "standardisierte polizeiliche Erhebungsbogen zur Erfassung von körperlichen Defiziten" wird bereits bei Allgemeinen Verkehrskontrollen eingesetzt. Das Formular berechtigt die Polizei zum Abfragen oder zur Beurteilung von:

16 Erkrankungen/Störungen, unter anderem:

- Erkältung, Depression, Schlafstörung

- Einnahme von Medikamenten: welche, wann, wieviele?

- Einnahme/Konsum von: Alkohol, Drogen, MTHC, Medikamente. Letzte Ein-/ Umstellphase.


23 Fragen zum Augenstatus, unter anderem:

- Pupillengröße ungleich oder Sehhilfe verordnet, aber nicht getragen, Visus, Gesichtsfeld.

- Datum der letzten Augenuntersuchung.


13 Ankreuzmöglichkeiten zu Stimmung/Bewusstsein, unter anderem:

- redselig/geschwätzig, müde, unaufmerksam.

7 Ankreuzmöglichkeiten zum körperlichen Status, darunter:

- schlaffe Haltung/ Muskeltonus, erkennbare Deformitäten.


Wie der ADAC im Dezember 2023 berichtet hat, enthält der aktuelle Entwurf der EU-Kommission zur Reform der einzelstaatlichen Führerscheine einen verpflichtenden Gesundheitstest für ALLE FührerscheinbesitzerInnen und nicht mehr nur für solche über 70 Jahren. Er soll im Abstand von 15 Jahren stattfinden. Was geprüft werden soll, ist bisher noch nicht offiziell beschlossen. Gegen diesen Vorschlag hat sich der EU-Ministerrat ausgesprochen und als eines seiner Mitglieder auch Verkehrsminister Wissing.

In trockenen Tüchern ist das Ganze noch nicht. So kann es durchaus ein, dass es den einzelnen Staaten überlassen bleibt, entsprechende Vorschriften einzuführen oder es zu lassen.
Für den Fall der Fälle sind hierzulande jedoch schon entsprechende Vorbereitungen getroffen worden. Schließlich geht es, neben der Erhöhung der Verkehrssicherheit und der Kontrolle von Bürgern, und auch um die Kreation neuer Einnahmequellen für die Kommunen, Stadtstaaten und Bundesländer.

Pilotprojekt in Sachsen
Vom 14.6. bis 16.6.2022 wurde von der Polizei in Sachsen drei Tage lang das Pilotprojekt »Qualifizierte Fahrtüchtigkeitsprüfung« (QFP) durchgeführt. Im Polizeirevier Grimma kontrollierten dafür 140 Einsatzkräfte 961 Fahrzeuge und 699 Personen.
Die durchgeführte QFP wird von der sächsischen Polizei beschrieben als standardisiertes Testverfahren und als "Mittel, um beweissicher und auf wissenschaftlicher Grundlage Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit festzustellen. Das "Tatbestandsmerkmal des »nicht sicheren Führens« eines Fahrzeuges" wurde festgestellt u.a. durch "Geh- und Drehtest, Stehen auf einem Bein oder ein Finger-Nasen-Test."

Pilotprojekt in Niedersachsen
Ziel war es, die bisherigen Tests der Polizei (Alkohol, Drogen, neurologische Defizite), durch angepasste „Car-side“-Sehprüfungen, die von der Augenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), entwickelt wurden, zu erproben. Dazu prüfte die Polizei bei Verkehrskontrollen Augenbewegungen, Pupillengröße und die Lichtreaktion der Augen. Außerdem wurde die Sehschärfe festgestellt und ein orientierendes Konfrontationsgesichtsfeld durchgeführt.
Um eine objektive Grundlage für die evtl. Sicherstellung eines Führerscheins oder die Verpflichtung zu einer augenärztlichen Untersuchung wegen visueller Defizite zu erhalten, wurden die Sehprüfungen standardisiert. Bis Anfang 2022 erfolgte dann ein flächendeckendes Training der Verkehrspolizei in Niedersachsen und Hamburg. Mehr als 150 Beamte konnten als „Car-side“-Sehprüfer ausgebildet werden und sind nun - auch ohne EU-Beschluss - zu „qualifizierten Fahrtüchtigkeitsprüfungen“ berechtigt.



(Auszug) aus dem Formular "Qualifizierte Fahrtüchtigkeitsprüfung"
Überprüfung visueller Defizite durch die Polizei bei Verkehrsteilnehmern in Deutschland
Testing for visual deficits by the police among road users in Germany
Link

EU-Führerschein: Altersdiskriminierung vom Tisch
Link


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BAGSO-Stellungnahme_Fahrtauglichkeit erhalten, Kompetenzen erweitern
Stellungnahme zur 4. Führerscheinrichtlinie der Europäischen Union

Die BAGSO – Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen lehnt pauschale Überprüfungen der Fahrtauglichkeit aufgrund des kalendarischen Lebensalters als diskriminierend ab. In ihrer Stellungnahme zur geplanten EU-Führerscheinrichtlinie plädiert sie dafür, an der bisherigen Praxis festzuhalten und unabhängig vom Lebensalter risikobasierte Tests anzuordnen. Anlässe können beispielsweise eine einschränkende Krankheit, häufige Unfälle oder alkoholisiertes Fahren sein. Ziel aller Maßnahmen muss nach Ansicht der BAGSO sein, die sichere Verkehrsteilnahme bis ins hohe Alter aufrecht zu erhalten, zu verbessern bzw. wiederherzustellen.

Bagso unter: Link

Quelle: Diverse