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07.10.2021 - von Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung
Personen, die von Diskriminierung betroffen sind, beschreiten oft nicht den Rechtsweg – die Hürden, die individuellen Klagenden im Wege stehen, sind alleine schwer zu überwinden. Diese sind die Kosten und die Dauer des Verfahrens, die fehlende Spezialisierung vieler Anwälte und grundlegend die Unzugänglichkeit der Gesetze. Ein gerichtliches Verfahren kann mehrere Jahre andauern – vor allem wenn es die verschiedenen Instanzen durchläuft. Für viele Betroffene ist dies ein nicht hinnehmbarer Zeitraum, da sie oft schnell ein Ergebnis erzielen wollen, z.B. das Unterlassen eines diskriminierenden Verhaltens der beklagten Partei.
Gerichtliche Verfahren können grundsätzlich teuer werden. Neben den Kosten für den*die Rechtsanwalt*in, die von der Höhe des Streitwerts abhängig sind, fallen auch Gerichtskosten an. Die Partei, die den Rechtsstreit verliert, trägt die Prozesskosten und die Kosten der Gegenseite. Es gibt zwar Rechtsschutzversicherungen oder Prozesskostenhilfe, über die aber nicht alle Klagenden verfügen bzw. die sie nicht erhalten können. Je langwieriger ein Verfahren ist und je mehr Instanzen es durchläuft, desto mehr Kosten fallen gegebenenfalls an. Die mitunter hohen Kosten eines gerichtlichen Verfahrens durch die verschiedenen Instanzen schrecken viele potentiell Klagende ab.
Hinzu kommt, dass es in Deutschland nur wenige Rechtsanwalt*innen gibt, die sich im AGG spezialisiert haben. Die meisten dieser Rechtsanwalt*innen arbeiten im Bereich des Arbeitsrechts, in dem das AGG regelmäßig Anwendung findet. In einem gerichtlichen Antidiskriminierungsprozess ist diese fehlende Spezialisierung von Rechtsanwalt*innen eine Hürde, denn mit mangelnder Kenntnis werden Rechte aus dem AGG nicht erkannt und durchgesetzt.
Die Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, haben zum größten Teil keine juristische Ausbildung durchlaufen und nicht eigenständig Wissen über die Rechte auf Gleichbehandlung erlangt, und können diese Rechte daher nicht verteidigen/beschützen. Auch wenn sie über Grundkenntnisse über das Bestehen des AGG verfügen, ist es noch nicht garantiert, dass sie erkennen können, ob nach den rechtlichen Kriterien eine Diskriminierung vorlag und welche Rechte sie besitzen. Hinzu kommt, dass das AGG aufgrund der juristischen Sprache teilweise schwer zugänglich ist. Es gibt Antidiskriminierungsstellen, an die sich Betroffene wenden können, um über ihre Rechte und Ansprüche aufgeklärt und beraten zu werden.
Aufgrund dieser Hürden ist es wichtig, dass potentiell Klagende die Möglichkeit haben, durch kompetente Verbände in ihren Anliegen unterstützt zu werden.
Im Dossier, das vom Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung zusammengestellt wurde,finden sich unter sehr zahlreichen links Informationen zur Unterstützung einer Antidiskriminierungsklage durch Verbände innerhalb Deutschlands: Link und zur Unterstützung in anderen europäischen Ländern: Link
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