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Private Luftbrücke Kabul: Bundesregierung verweigert Unterstützung

Foto: H.S.

29.08.2021 - von Hanne Schweitzer, Kabul Luftbrücke

Der Bundeswehreinsatz zur Evakuierung deutscher Staatsbürger und afghanischer Ortskräfte ist beendet. Schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung erhebt die private Initiative, "Luftbrücke Kabul". Sie war letzte Woche mit einer aus privaten Mitteln finanzierten Maschine nach Kabul geflogen war, um deutsche Staatsbürger und afghanische Ortskräfte, die während der letzten 20 Jahre mit der Bundeswehr oder deutschen Journalisten, NGOs und Einrichtungen zusammengearbeitet haben, zu retten. Die Vorwürfe lauten:

- Blockadehaltung des Auswärtigen Amts (Maas).
- Blockadehaltung des Innenministeriums (Seehofer).
- Evakuierungsflug aktiv vom Auswärtigen Amt blockiert.(Maas)
- Weigerung der Bundesregierung, eine E-Mail zu schreiben, um den Transport hochgradig gefährdeter Menschen aus Afghanistan zu ermöglichen. (Merkel)
- Evakuierungsflug aktiv vom Auswärtigen Amt blockiert (Maas)
Tagesschau.de stellt am Sonntag, 29.8.21 um 18.16 Uhr den Beitrag "Deutsche Ortskräfte: Evakuierungen - auch ohne Bundeswehr"* ins Netz. Darin wird der ungeheuerliche Vorgang beschrieben. Aber:

Kein einziges Wort über dieses schäbige Verhalten der Regierung in der Tagesschau um 20.00 Uhr!
Kein einziges Wort über dieses menschenfeindliche und verräterische Gebaren der Regierung in den Tagesthemen um 22.45 Uhr!

Ebenfalls am Sonntag titelt die WELT auf Seite 1: "70 Prozent der Deutschen befürchten neue Massenflucht". Und: Angeblich 49 Prozent der Deutschen raten laut Umfrage der WELT dazu, die Flüchtlinge doch möglichst in Afghanistans Nachbarstaaten unterzubringen und sie aus Europa finanziell zu unterstützen.
In der Tagesschau um 20.00 Uhr am 29.8.21 ist ein Ausschnitt aus dem sogenannten Sommerinterview mit Söder vom Vormittag zu sehen. Söder: Es sei kein Thema, Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen! Heiko Maas, gerade in Antalya zu Besuch, sagt: "10.000 Flüchtlinge will er nach Deutschland bringen". Nach Abschluss seiner Gespräche in der Türkei wird er nach Usbekistan, Pakistan und Tadschikistan fliegen. Dort will er über die Aufnahme und Versorgung von afghanischen Flüchtlingen sprechen.
Erschreckend: Wie das Eine und das Andere ineinandergreifen!

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LUFTBRÜCKE KABUL / LUFTBRÜCKE KABUL / LUFTBRÜCKE KABUL / LUFTBRÜCKE KABUL

[b]UPDATE LUFTBRÜCKE KABUL ** vom 30.8.2021

UPDATE, 30.8.2021
Die Pressekonferenz wird auf Grund von neuen Entwicklungen auf Dienstag verschoben. Weitere Details werden zeitnah kommuniziert.

UPDATE LUFTBRÜCKE KABUL ** vom 29.08.2021[/b]
Fast hätten wir selbst nicht mehr daran geglaubt, doch gestern Nacht konnten wir 189 Menschen in Bussen mit amerikanischer Unterstützung über zahlreiche Check-Points in den Kabuler Flughafen bringen. Von dort wurden sie mit einer Militärmaschine der USA ausgeflogen und warten derzeit in Doha und Riad auf die Weiterreise.

Trotz der Blockadehaltung des Auswärtigen Amtes und des deutschen Innenministeriums haben wir die Menschen, die für die Evakuierung in unserem Flugzeug vorgesehen waren, nie aufgegeben. Die letzten zwei Tage haben wir händeringend nach Wegen gesucht, sie ohne Unterstützung der Bundesregierung in den Kabuler Flughafen zu bekommen und zu evakuieren, bevor das Zeitfenster endgültig geschlossen wird und wir haben es geschafft.

Lest unser Update vom 28.08.2021 weiter unten.
Am Montag findet eine Pressekonferenz statt. Die Details werden wir zeitnah kommunizieren, in der Zwischenzeit Anfragen an: press@kabulluftbruecke.de

UPDATE LUFTBRÜCKE KABUL ** vom 28.08.2021
"Wir haben als zivilgesellschaftliche Kabulluftbrücke angekündigt, Schutzbedürftigen, die bisher auf offiziellen Listen nicht berücksichtigt oder evakuiert wurden, bei der Evakuierung zu helfen und haben es trotz großer Herausforderungen und massiver Widerstände seitens der deutschen Bundesregierung geschafft.

Mit immensem Aufwand konnten wir 18 gefährdete Ortskräfte aus Kabul in Sicherheit bringen. 18 Menschenleben, dabei hätten es hunderte mehr sein können, wenn unsere Rettungsaktion nicht aktiv vom Auswärtigen Amt blockiert worden wäre. Aber jedes einzelne Menschenleben war es wert, die Kabulluftbrücke zu starten.

Für hunderte Menschen hatten wir eine sichere Unterkunft, haben sie offiziell auf Listen des Auswärtigen Amtes registrieren und absegnen lassen, organisierten einen Bustransport über die katarische Botschaft und hätten Menschen innerhalb weniger Stunden an den Flughafen und auf unser Flugzeug bringen können. Offiziell waren die Menschen für die Evakuierung vorgesehen. Die Regierung weigerte sich, eine E-Mail zu schreiben, um den Transport freizugeben. Unser Flugzeug stand bereit. Doch niemand sollte evakuiert werden.

Was wir in den letzten Tagen erfahren haben, ließ uns sprachlos und wütend zurück. Während öffentlich behauptet wurde, sich für die schnellstmögliche Evakuierung von Gefährdeten einzusetzen, während sich Heiko Maas persönlich dafür einsetzte, dass unser Flug stattfinden kann und wir ein NATO-Rufzeichen durch die Bundeswehr erhielten, erlebten wir in der Praxis eine bürokratische und politische Verhinderungstaktik. Öffentlich wurde behauptet, dass das Flugzeug erwünscht sei, doch nach der Landung vor Ort war klar: Unser Flugzeug sollte keine Menschen evakuieren.

Als Portugal unser Evakuierungsangebot für ihre afghanischen Ortskräfte dankend annahm, versuchten deutsche Diplomaten offenbar zu erzwingen, dass das Flugzeug niemanden evakuiert. Das wurde von deutschen Diplomaten offenbar klar an die US-Behörden kommuniziert. Wir sollten nicht erfolgreicher sein, als die Bundesregierung. Wir sollten scheitern, damit das Kartenhaus der Evakuierungsaktion der Bundesregierung nicht in sich zusammenfällt.

Denn natürlich hätten weitere Menschen auf diesem Flug mitfliegen können. Dass das nicht nur an Bürokratie, Unvermögen oder der Situation vor Ort lag, haben wir nun in jeder Einzelheit mitbekommen. Mehrfach wurde unserer Evakuierungsflug aktiv vom Auswärtigen Amt blockiert, sodass es am Ende nur 18 Personen zu unserem Flugzeug schafften und 180 Sitze leer blieben.

Für uns sind Menschenleben wichtiger als Ministerialbürokratie. Alle von den Taliban bedrohten Menschen sollte bei der Flucht geholfen werden - egal ob sie deutsche Ortskräfte waren oder nicht. Doch selbst diejenigen, die auf den Listen des Auswärtigen Amtes oder anderer Ministerien waren, deren Gefährdung belegt und anerkannt war, wurden von der Bundesregierung in dem falschen Glauben gelassen, dass sie bald evakuiert werden. Sie standen zu tausenden vor den Toren des Flughafens in Kabul und hofften, endlich Einlass zu bekommen.

Über 180 Menschen sind bei Selbstmordattentaten vor dem Flughafen gestorben.

Nie hätten wir uns vorstellen können, dass Menschenleben nicht im Vordergrund stehen.

Nie hätten wir gedacht, dass es den Zuständigen wichtiger ist, dass wir nicht erfolgreich sind, als Menschenleben zu evakuieren.

Vielleicht war es naiv zu glauben, dass die Bundesregierung uns aktiv unterstützt. Vielleicht sind wir nach der Evakuierung von 18 Menschen mit weiteren Fliegern gescheitert. Aber wir werden die akut gefährdeten Menschen in Afghanistan nicht aufgeben und sie weiter unterstützen.

Hinweis: Wir haben über Tage nicht öffentlich kommuniziert. Wir wollten die Operation oder Menschenleben nicht gefährden. Wir wollten nicht, dass die Menschen zu einem politischen Spielball werden. Wir hatten gehofft, dass die Behörden das ähnlich sehen. Nach dem Abbruch der Evakuierungsaktion am gestrigen Abend, wird es nun aber Zeit zurückzublicken, aufzuarbeiten und weiterzumachen.


** Eine Aktion von: #LeaveNoOneBehind, Sea?Watch, Seebrücke, Wir Sagen Moin, Operation Mercy, Tour d Amour, Hassmelden, Visions for Children, Flüchtlingshilfe Flensburg, ZIVD - Zentrum Interkultureller Verständigung Dresden, Europe Cares, Hand in Hand Rettungskette, YAAR, Peng, borderline-europe, Mare Liberum, SOS Balkanroute, Germany Must Act, GoVolunteer, Afghanisches Kommunikations und Kulturzentrum, Afghanisch-Deutsche Kulturinitiative Bremen, WelcomeCamp, Adopt a Revolution, JÖ München - jung.ökologisch, REFUGIUM Flüchtlingshilfe, Sea-Eye, Colourful Voices, PunK e.V. - Verein für Politik und Kunst, IPPNW Deutschland – Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV), Europeans for Humanity, HAMBURGER*MIT HERZ, WIR MACHEN DAS, BORDA, Blindspots, Ökumenische BAG Asyl in der Kirche, InterAktiv, Reflecta, JÖ Bundesverband - jung. ökologisch, Büro für Diskriminierungskritische Arbeit Stuttgart, CADUS, Bremer entwicklungspolitisches Netzwerk (BeN), HERMINE, Ausbildung statt Abschiebung (AsA), Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg, Mamas For Moria, BUNDjugend Niedersachsen, Medical Volunteers International, Entwicklungspolitisches Netzwerk Hessen, ROSA - rolling safespace, ECADA - European Citizens Against Deportation to Afghanistan, BetterPolice, Refugee Law Clinic Leipzig, Flüchtlingshilfe Lippe e.V., Flüchtlingsrat Hamburg, weserholz, Jusos Ostalb, Spielmobile, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA), STELP, Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, OMAS GEGEN RECHTS Euskirchen, Reporter ohne Grenzen, Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner*innen DFG-VK Frankfurt, Verein der afghanischen Märtyrer Familien (hinterbliebenen Familien), Afghanische Gemeinde Berlin, SV Borussia Leer, Flüchtlingsrat Brandenburg, Soup and Socks, WESTKREUZ, Chaoze One, NANGADEF e.V, Radkurier24, Zentrale Bildungs- und Beratungsstelle für Migrant*innen (ZBBS), Eine Welt Netz NRW, Projekt Connect, Campus Cosmopolis, Rotkäppchens Garten, Business Teshno, Klimaliste Berlin, Drei Musketiere Reutlingen, FiA Frauen in Aktion Göttingen, Rolling Cinema, freier zusammenschluss von student*innenschaften (fzs), Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt, Hamburger Hilfskonvoi, Kindersprachbrücke Jena, Servicestelle FREIE SZENE Sachsen, Balkanbrücke, Weitblick Hamburg, Initiative 9. November Bünde, XENION - Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte, Bündnis 90/Die Grünen | Kreisverband Freiburg, Second-Bandshirt, Projekt Seehilfe, WoMentor.at, Social Period STAY! Düsseldorfer Flüchtlingsinitiative, Rechtsanwalt Bahman Wahab, mit offenen Armen, Diversity Media, Flüchtlinge willkommen in Düsseldorf, Jugendliche ohne Grenzen, PalMed Deutschland, ZK/U Berlin, Singasylum, Interkular, Afhanisch Deutscher Förderverein für Bildung, Gesundheit und Handwerk (AFGHAN e.V.), >Roots Förderverein interkultureller Garten, Wir packens an, Hanseatic Help, Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen, PEACE of PAPER, Freundeskreis Asyl Abtsgmünd, kohero, Refugee Law Clinic Kiel, Sächsischer Flüchtlingsrat, Aphva international, Omas gegen Rechts Lübeck, Catcalls of Koblenz, Occupy Germany, ISG-TELGTE, AMICA, Dr. Özkan Suat, All Hands on Deck, Flüchtlingsinitiative Bremen, IIPM/Milo Rau, GRÜNE JUGEND Freiburg, Die Insel Hilft, Die Grünen Frauen Wien, Binnovation, Flüchtlings- und Integrationshilfe Idstein, ArrivalAid, Randgruppenparadies –
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Webseite Kabul Luftbrücke: Link

* Berichterstattung dazu am 29.8.2021:
Tagesschau: Link
Zeit: Link (Der einzige Abdruck des Redaktionsnetzwerks Deutschlands, der es in die Printmedien geschafft hat.)
Ansonsten: Schweigen im Blätterwald und auf den Bildschirmen. Dito am Montag. Montagabend dann German-foreign-policy unter: Link

siehe zu Afghanistan auch: Labournet unter: Link
und den Newsblog beim Deutschlandfunk unter: Link

Quelle: Luftbrücke Kabul