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Rentensenkung gefordert von Raffelhüschen und Johannes Vogel, FDP

Foto: H.S.

20.10.2020 - von Hanne Schweitzer

Es hat erstaunlich lange gedauert, bis der Vorschlag kam, ich kenne viele, die schon im Sommer damit gerechnet hatten: Auf der ersten Seite der Bildzeitung am Montag war es dann soweit. "Top-Ökonom schlägt vor - Renten runter wegen Corona". Der "Wirtschaftsprofessor" mit den schütteren Locken und dem Namen Raffelhüschen Bernd, fordert auf Seite 3: "Renten müssen um 4,7 Prozent sinken!" Mit dieser Forderung wird er bald in sämtlichen Talkshows als Gegenpart zu einem SPD-nahem Gast zu sehen sein.

Raffelhüschen auf die Frage, ob es gerecht sei, wenn die Löhne sinken und die Renten stabil bleiben: "Nein. Wenn die Löhne um 4,7 Prozent sinken, müssten eigentlich auch die Renten um diesen Satz fallen - das galt in Deutschland seit Bismarcks Zeiten". Erklärend greift hier die Bildredaktion ein. Das seit Bismarcks Zeiten geltende Solidarprinzip sei vor 10 Jahren von Olaf Scholz aufgehoben worden. Demnach steigen die Renten, wenn die Löhne steigen, aber die Renten sinken nicht, wenn die Löhne sinken.

Dass zu dieser Regel auch eine Ausnahme mit der Bezeichnung "Nachholfaktor" gehört, versteht sich von selbst. Raffelhüschen erläutert das so: "Mit ihm (dem Nachholfaktor) wurde sichergestellt, dass die Rentenerhöhungen nach einer schweren Wirtschaftskrise, wenn die Löhne wieder steigen, nur halb so stark ausfallen, wie es das Gesetz erlaubt."

Nun ist Raffelhüsche Empörung angesagt. Arbeitsminister Heil habe den Nachholfaktor vor zwei Jahren "ausgesetzt". Das habe jetzt, wo die Löhne um 4,7 Prozent im letzten Halbjahr gesunken seien, "fatale Konsequenzen". (Mit den 4,7 Prozent Lohnsenkung, das sollte man sich merken! Immerhin fordert Verdi im aktuellen Tarifkonflikt lediglich eine Erhöhung von 4,8 Prozent!)
Das Rentenniveau dürfe nämlich, trotz Lohnsenkung, wegen des ausgesetzten Nachholfaktors trotzdem um ein Prozent steigen.

Man stelle sich das vor. Eine einprozentige Steigerung des Rentenniveaus! Damit RentnerInnen aber nicht auf die Idee kommen, dass sie künftig in Saus und Braus leben werden, bittet die Bildzeitung auch den FDP-Abgeordneten Johannes Vogel*, Wahlkampfleiter zur Landtagswahl 2017 in NRW, um eine Stellungnahme. Vogel ist ebenfalls Raffelhüschens Meinung: "Der Nachholfaktor muss wieder eingeführt werden."

* Link

Quelle: Bild, 19.10.20