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Reise nach Norden - denn es war Ende der Coronabeschränkungen in Mecklenburg

Foto: H.s.

31.05.2020 - von Hartmut Jeromin

Jetzt aber schnell, 8°° Uhr früh am Montag saßen wir mit allem Drum und Dran schon im Auto, 460 Km vom Ziel entfernt. Das Navi war eingestellt, das Autoradio auf Musik getrimmt, das Phon mit dem Bordnetz verschaltet. Es konnte losgehen. Ging es auch. Überall robuster Verkehr. Und jede Menge PKw. Das sah nach einer Ferienwelle aus. Was uns auf den Parkplätzen bestätigt wurde und von den Autonummern und der Beladung. Vom Fahrrad bis zum Boot alles dabei. Und meist wurde nach Vorschrift gefahren, nur wenige drängelten. Gar die Lkw fuhren vorbildlich.

Denn es war Ende der Coronabeschränkungen angesagt in Mecklenburg. Man kann wieder ans einheimische Meer, wie schon so viele Jahre.
Es wurde aber eine Strapaze. Baustellen ohne Ende. Langsamfahrstellen. Und Stau. Mehrmals, ohne ersichtlichen Grund. Einengungen. Am Ende empfahl das Navi einen kleinen Umweg um 15 Minuten einzusparen. Das klappte auch um dann aber in eine Endlosschlange zu geraten, Stoßstange an Stoßstange. Rote Ampeln in jedem Dorf auf der B 105. Das kennen wir nun seit Jahrzehnten, hätten es aber jetzt so nicht erwartet. War eine Ferienwelle Ende Mai in Deutschland. MV ließ wieder zahlende Gäste herein. Und bei Karls in Rövershagen ein gut gefüllter Parkplatz.

Im Hotel auch manches anders: Abgesperrter Empfang, Mund-Naseschutz in jedem Gesicht, die Kellnerinnen mit Vollmaske vorm Gesicht, nur jeder 2. Tisch besetzt aber…das Meer war noch da, wie immer, es schäumte und rauschte. Hühnergötter hatte der Sturm freigespült, das Bücken danach machte Mühe. Die Sonne tat auch ein Mögliches. Es wurde. Und der Koch gab sich mit Fischländer Suppe, gebratenem Dorsch und Rostocker Bier redlich kulinarisch. So könnte es weitergehen.

Nach wochenlanger Beschränkung auf unseren kleinen Garten zu Hause nun wieder die große weite Natur am Meer. Mit Wolkengebilden, Wiesen am Bodden und Wind und Ostseeluft. Da schläft man gut und erwartet was vom Frühstück. Wollen sehen und schmecken: Zunächst fremd, kein frei zugängliches Buffet. Aber es spielte sich ein und beinahe das volle Sortiment an Essbarem. Gut gesättigt in den Tag und nicht zuviel Coffein…dünner Kaffee.

Tagesausflug nach Warnemünde. Lange gerade Waldstrassen über Gral Müritz, frisches Maigrün. Eine Lust zu fahren.
An der Fähre in Warnemünde ist Schluss mit lustig, man war noch nicht aus der Quarantäne-Kurzarbeit aufgewacht. Deshalb anstehen mit Abstand am Kassenautomaten. Mit Blick auf riesige Ostseefähren mit hybridem Antrieb, also ganz kleiner Abgasfahne… der Fahrkartenautomat steht im Sonnenlicht, kaum zu erkennendes Display. Und jeder darf ein Studium in Selbstbedienung absolvieren, mit seinem Kleingeldbestand abgleichen und am Ende noch den Entwerter finden. Die Fähre sollte alle 20 Minuten fahren, aber bei dem Andrang an Passagieren mit Fahrrädern und Autos, ist das kaum zu schaffen. Das hat manchen geschockt. Drüben dann am Bahnhof Warnemünde ist plötzlich kein Fußgängertunnel mehr, nach bestimmt über 100 Jahren Betriebsdauer nun einfach weg. Der ganze Bahnhof umgebaut. Klar, als Zubringer für die Kreuzfahrten ist das alles auch nicht mehr zeitgemäß, hat mich trotzdem verwundert.

Das Toilettenproblem war auch schwer lösbar, nach Autofahrt und Verweilen an der Fähre nun nötig. Am Bahnhof scheiterte es am Kleingeld und überm alten Strom beinahe noch an der Kapazität da.

Ansonsten daselbst nichts neues, Shopping ohne Ende. Kein Kreuzfahrschiff zu sehen. Hafenrundfahrten möglich. Die Möwen flattern, die Kutter schaukeln, in der Sparkasse dürfen sie keine Scheine in Kleingeld wechseln und Min Herzing proppenvoll… irgendwo in der Ferne ein abgeknickter Kranausleger. Also reihen wir uns ein und treiben mit den Menschenmassen dahin.

Der Nachmittag im Strandkorb entschädigt uns dann etwas bis ein Rüttler angelassen wurde, mir hilft nun nur noch der Sprung in kalte Meer, das war erfrischend. Und morgen ist wieder ein Tag. Wollen sehen!

Wer ist denn nun eigentlich da? Alle deutschen Dialekte! Keine Ausländer. Natürlich die Ü65 Senioren, teils sehr sportlich. Dann alle Jahrgänge, mit und ohne Kinder. Mit und ohne Sportkleidung, Fahrrädern und mit jeder Menge Strandutensilien. Ganze kleine Umzüge sind zu erleben, vom Hotel zum Strand und zurück, je nach Wetter und Tageszeit. Und sehr dicke Autos, aber darin haben die Familien ja gut Platz. Völlig anders als früher bei uns die 2 Eltern und 3 Kinder im Trabant! Ist eine andere Welt. Und auch Dierhagen wird zum Sylt des Ostens. Was früher noch ein wirklich kleines Sommerhaus war, wird zur Prachtvilla umgebaut. So wie in den Marinas an den Seen zeigt sich auch hier das große Geld. Wo soll es auch anders hin?

Das Hotelpersonal indes bedankt sich für jeden €uro Trinkgeld nach wochenlanger Kurzarbeit bei 60% Gehaltsausgleich vom Arbeitsamt! Auch in der Physiotherapie. Der Hoteldirektor sieht überall hin, um die Hygiene jederzeit zufrieden stellen zu können. Alle Welt befürchtet einen Corona-Rückfall…

Heute besuchten wir einen bildenden Künstler. Während der Vereinzelung kamen natürlich auch keine Kunden, es gab keine Präsentationen, keine Ausstellungen. Diese kleinen Selbstständigen hat es hart getroffen.

Aber die Leute genießen wieder, sitzen im Freien in den Cafes und das Ordnungsamt fährt auch wieder umher. Für den Strand gibt es sichtbare Vorschriften. Niemand soll sein Inventar auf die zwei Meter Abstand zwischen den zeitweiligen „Besitzständen“ am Strand setzen. Es ist aber noch überall genügend Platz. Niemand braucht also nach Übersee zu fliegen!

Am schönsten trafen es die Hundebesitzer. Köter aller Rassen und Größe, am Strand und im Restaurant, im Park, angeleint oder nicht. Und manchmal wird ein Plastetütchen gezogen… Jedenfalls zahlenmäßig mehr Hunde als Kinder. Das verstehe wer will.

Wieder ein Bad im Meer und dann zum Fußball an den Hotelfernseher. Mir wird beim Tor der Bayern zu viel gejubelt. Also habe ich mich dünne gemacht und hoffe auf einen weiteren neuen Tag. Wird schon noch was bereithalten, dazwischen liegen erholsame Nächte mit sanftem Rauschen ...mit sanftem Rauschen und das schätzt Hartmut Jeromin doch sehr.

Quelle: Hartmut Jeromin