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Eine Wasserzapfstelle für 1.300 Menschen und keine Seife

Foto: H.S.

19.03.2020 - von Ärzte ohne Grenzen

Die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" fordert angesichts der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus COVID-19 die umgehende Evakuierung der EU-Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln. Die entsetzlichen Lebensbedingungen in den überfüllten Hotspots auf den Inseln sind ein idealer Nährboden für COVID-19, warnte die internationale Hilfsorganisation am Donnerstag.

Nachdem die erste Infektion auf Lesbos bei einer Griechin bestätigt wurde, ist es dringender denn je, die Menschen in eine sichere Umgebung zu bringen.

Angesichts der mangelhaften Hygienebedingungen und der äußerst eingeschränkten medizinischen Hilfe ist die Gefahr groß, dass sich das Virus unter den auf den Inseln festgesetzten Bewohnern der Lager verbreitet, sobald sie ihm ausgesetzt sind.

„In einigen Bereichen des Lagers Moria auf Lesbos gibt es nur eine Wasserzapfstelle für 1.300 Bewohner, und Seife ist nicht erhältlich“, sagt Hilde Vochten, medizinische Koordinatorin der Projekte von Ärzte ohne Grenzen in Griechenland. „Fünf- oder sechsköpfige Familien müssen auf lediglich drei Quadratmetern Fläche schlafen. Für sie ist es schlicht unmöglich, die empfohlenen Maßnahmen zu befolgen und sich regelmäßig die Hände zu waschen und Distanz zu anderen zu halten.“

Ärzte ohne Grenzen ist in Kontakt mit der griechischen Nationalen Organisation für Öffentliche Gesundheit, um Maßnahmen zu koordinieren, darunter auch gesundheitliche Aufklärung und Einzelfallbehandlung, sowohl für die griechische Bevölkerung als auch die Asylsuchenden. „Aber wir müssen realistisch sein: Es wäre unmöglich, einen Ausbruch in einem Lager mit Zuständen wie auf Lesbos, Chios, Samos, Leros oder Kos einzudämmen“, so Vochten. „Bislang haben wir noch keinen glaubwürdigen Notfallplan zu Gesicht bekommen, mit dem sich die Menschen, die dort leben müssen, schützen und behandeln ließen.“

Die Gesundheitsbehörden müssten einen Plan vorlegen, der Maßnahmen zur Infektionsprävention und -kontrolle, zur Gesundheitsaufklärung, zur schnellen Identifikation von Fällen, zur Isolation und Behandlung von Patienten mit mildem Krankheitsverlauf sowie zur Behandlung von schwer und lebensbedrohlich erkrankten Menschen enthält.

Da keine dieser Maßnahmen gewährleistet ist, ist es jetzt dringender denn je, die Lager auf den griechischen Inseln zu evakuieren.
„Asylsuchende als Teil der europäischen Abschreckungspolitik unter solchen Bedingungen leben zu lassen, war schon bislang verantwortungslos, nun grenzt es an eine kriminelle Handlung, wenn nichts unternommen wird, um die Menschen zu schützen“, sagt Florian Westphal, Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen Deutschland.

„Derzeit sitzen 42.000 Asylsuchende auf den griechischen Inseln fest. Die griechische Regierung und die EU-Mitgliedstaaten sollten so schnell wie möglich handeln und die Asylsuchenden in geeignete Unterkünfte bringen, bevor es zu spät ist.“

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Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland und Ex-Aussenminister des Landes im Interview mit T-Online am 16.3.2020: "Ich bin daher sehr froh, dass Deutschland nun gemeinsam mit sechs anderen EU-Mitgliedern ein Zeichen setzt, so dass 1.600 Kinder Schutz und Aufnahme in der EU finden." Pro aufnahmewilligem EU-Mitgliedstaat sind das 266,7 Kinder. Froh zu sein bedarf es wenig wenn man Bundespräsident ist! H.S.
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Griechenland: Abgeschottete geschlossene Lager
18. März 2020 Wassilis Aswestopoulos bei Telepolis unter: Link
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Corona-Party unter griechischer Sonne: Eine beispiellose Inhumanität Beitrag von Katja Thorwalth in der Frankfurter Rundschau am 19.3.2020 unter: Link

Quelle: PM Athen/Berlin, 13. März 2020