Foto: H.S.
19.09.2019 - von Annska&Hannska
August 2019. Es ist Sonntag. Behagliche Wärme im Schlafzimmer. Ich drehe mich gerne noch einmal im Bett. Dösen, Tagträumen, sich Recken und Strecken, den Tag gemächlich beginnen. Doch etwas fehlt zur Sommersonntagsharmonie. So gut wie nichts ist zu hören. Hin und wieder gurrt eine Taube, ein Auto fährt vorbei, die Nachbarin ruft etwas aus dem Fenster. Geräusche, Stimmen, das ja. Aber kein Vogelgesang.
Wo ist das vielstimmige Vogelgezwitscher, wo ist die Amsel, deren volltönender Gesang mich manchmal gezungen hat, aufzustehen,um das Fenster zu schließen, weil es meinen verschlafenen Ohren zu laut war? Es ist still. Keine Amsel, kein Meise, kein Rotkehlchen, nicht mal das Tschilpen der Spatzen. Kein tüt-tüi-sri des Gartenbaumläufers. Eine Stille, die mich beunruhigt und dazu bringt, aufzustehen, und mit weit geöffneten Ohren aus dem Fenster zu kucken, um zu sehen, ob die Welt noch in Ordnung ist. Scheinbar ist sie es, aber sie ist es nicht. Eine dicke Taube sitzt auf dem Dach gegenüber, eine Elster krächzt, mehr ist da nicht. Der lebenslang selbstverständliche Gesang der Stadtvögel fehlt.
Was flüstert Romeo seiner Julia heute Morgen zu? „Das metallische Quietschen des Baukrans im Wind war’s, der Tagverkünder; sieh‘, die Kondensstreifen, dort im Osten, der die frühen Wolken säumt...“?
Nachtigall? Noch nie eine gehört. Lerche? Auch nicht. Der kleine, nur neun Gramm wiegende Zaunkönig, der in den vergangenen Sommern laut krakelend auf der Mauer saß, war der Gipfel an ornitologischen Erlebnissen, die ich in der Stadt gemacht habe.
Politiker setzen sich mehr und mehr twitternd in Szene. Umso lauter das Geschrei in der Welt wird, umso lauter wird das Schweigen der Vögel, die hier nicht mehr leben können.
Brehms Tierleben, 2. Band DIE VÖGEL:
„Weitaus die größte Mehrzahl besitzt in ihrem hohen Grade die Fähigkeit zu singen. Die Sperlingsvögel vereinigen in ihrer Sippschaft alle wirklichen Sänger, die wahren Meister der edlen Kunst, und wissen Kenner ihres Schlages ebensogut zu begeistern wie geschulte Menschensänger ihre Zuhörer. Alle welche wirklich singen, thun dies mit Begeisterung und Ausdauer, und alle singen nicht bloß ihrem Weibchen oder ihren Pflegern, sonder auch sich selbst zur Freude, wie sie andererseits ihr Lied zur Waffe stählen, mit ihm kämpfen, durch dasselbe siegen oder unterliegen.“
Sich selbst zur Freude singen! Wissen Merkel und AKK und Ursula von der Rolle, wie gut ihnen das täte? Das Lied zur Waffe stählen? Ich fordere atomares Abrüsten und Frieden auf der Welt durch gesangliches Aufrüsten! Trump im Wettstreit mit Xi Jinping, Putin im Wettstreit mit Maduro oder mit Ali Chamene’i. Vielleicht ein Chor mit Kim Jong-Un und Mohamed bin Salman? Ihre Stimmgewalt wäre voluminös - aber wenigstens nicht tödlich.
Doch Hass kann nicht singen, Hass kann nur schreien - sie alle hätten schon mit dem ersten Ton verloren!
Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema
Sonstiges:
02.09.2019: Die Seele in feurigen, neoliberalen Zeiten
02.09.2019: Amazonasfeuer- Handelsabkommen Mercosur stoppen!!PETITION
27.08.2019: Petition von Google-Beschäftigten gegen Zusammenarbeit mit Abschiebebehörden
Alle Artikel zum Thema
Sonstiges
Zurück zur Suche nach Atom