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Österreich: Bundesrät:innen gegen Altersdiskriminerung beim Führerschein

Österreich - 17.05.2019 - von Pressedienst der Parlamentsdirektion

Der EU-Ausschuss des Bundesrats hat heute einhellig beschlossen, zur EU-Führerscheinrichtlinie eine Mitteilung an die EU zu schicken. Die Bundesrät:innen sprechen sich darin gegen jegliche Altersdiskriminierung beim Zugang zum Führerschein aus und bemängeln zu kurze Übergangsfristen.

Der Vorschlag für eine neue Führerschein-Richtlinie der EU stand heute erneut auf der Tagesordnung des EU-Ausschusses des Bundesrats. Die Bundesrät:innen diskutierten die inhaltlichen Entwicklungen im Zuge der in der Zwischenzeit vorgelegten Kompromissvorschläge der Europäischen Kommission. Die grundsätzlichen Ziele der Richtlinie sind die Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit und die Erleichterung der Freizügigkeit der Bürger:innen innerhalb der EU durch einheitliche Vorgaben für Fahrerlaubnisse. Auch sollen Unzulänglichkeiten und Schwierigkeiten, die bei der Umsetzung der bisherigen Richtlinie auftraten, behoben werden.

In dem nun vorgelegten Kompromissvorschlag sei die Befristung der Gültigkeitsdauer für alle Fahrzeugklassen für Lenker:innen ab einem bestimmten Alter nur mehr als "Kann"-Bestimmung vorgesehen und daher nicht mehr verpflichtend von den Mitgliedsstaaten umzusetzen, begrüßte ein Experte des Verkehrsministeriums im Zuge der Ausschussdebatte diesen Fortschritt.

Allerdings ist vorgesehen, dass sowohl bei Ersterteilungen als auch bei einer Verlängerung des Führerscheins in einem ersten Schritt eine Selbsteinschätzung über ihren Gesundheitszustand durch die Lenker:innen durchzuführen ist. Die Form bleibt den Mitgliedsstaaten selbst überlassen.

Zudem haben die Mitgliedsstaaten sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden rechtzeitig über Veränderungen der gesundheitlichen Eignung der Lenkerinnen informiert werden. Daraus sei eine sehr allgemeine Meldeverpflichtung, u.a. für Ärzt:innen, abzuleiten, erklärte ein Experte des Verkehrsressorts. Das Ressort sehe diese Regelung mit Blick auf die Betroffenheit sensibler Gesundheitsdaten sowie das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzt:innen und Patient:innen äußerst kritisch.

Für Fahranfänger:innen wird zudem eine Probezeit von mindestens zwei Jahren festgesetzt. Die genaue Probezeit ist vom Ausstellungsstaat festzulegen. Bereits existierende nationale Systeme des begleitenden Fahrens in der Klasse B (z.B. L17) können neben dem EU-Modell bestehen bleiben. Wenn bei Ersterteilung der Klasse B der Wohnsitzstaat die theoretische Prüfung nicht in der Sprache der Bewerber:innen oder durch Zuhilfenahme von Dolmetscher:innen anbietet, darf die theoretische Prüfung im Staat der Staatsbürgerschaft absolviert werden. Dies mache das Verfahren wesentlich komplizierter, kritisierte der Experte.

Die Bundesrät:innnen setzten einhellig eine Initiative, um sich gegen Altersdiskriminierung bei der Führerscheinrichtlinie auszusprechen. Auf Betreiben von ÖVP, SPÖ und Grünen beschlossen sie eine Mitteilung an die Europäische Kommission, den Rat der EU und das Europäische Parlament. Darin treten sie gegen jegliche Altersdiskriminierung beim Zugang zum Führerschein ein. Eine solche würde vorliegen, wenn alle Personen ab 70 Jahren alle 5 Jahre oder in kürzeren Intervallen verpflichtend ihren Führerschein erneuern müssen. Für ein sicheres Autofahren sei nicht das Alter, sondern vielmehr der aktuelle Gesundheitszustand, die richtige Selbsteinschätzung und ein kritischer Umgang mit der eigenen Leistungsfähigkeit ausschlaggebend, wird argumentiert. Zudem sei eine Verkürzung der Umschreibeverpflichtung alter Führerscheine um drei Jahre abzulehnen, da dies einen unnötigen Verwaltungsaufwand verursache.

In der Debatte schloss sich eine Expertin der Arbeiterkammer weitgehend den Standpunkten des Verkehrsministeriums an. Bei vielen Punkten sei noch nicht klar, wie sie in der Umsetzung ausgestaltet werden, bemängelte sie. Die kritische Position zur vorgesehenen Selbsteinschätzung der Lenker:innen teilte auch ein Vertreter der Wirtschaftskammer und wünschte sich, bei der Umsetzung den momentanen Mangel an Berufslenker:innen mitzubedenken.

Mit dem Kompromissvorschlag sei ein Teilerfolg gegen die Altersdiskriminierung gelungen, meinte Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) und begrüßte die gemeinsame Mitteilung, um die Selbstbestimmtheit der Menschen sicherzustellen. Insbesondere im ländlichen Raum sei das Auto nämlich ein "notwendiges Übel" für die Menschen. Faktoren wie Handy am Steuer seien viel mehr ein Problem als eine Selbstüberschätzung älterer Menschen, meinte Harald Himmer (ÖVP/W).

Es gebe keine Statistik, aus der ein höheres Risiko durch ältere Autofahrer:innen ablesbar sei, kritisierte auch Stefan Schennach (SPÖ/W) die andiskutierten Regelungen für ältere Menschen. Um den Mangel an Berufskraftfahrer:innen zu begegnen, solle man vielmehr deren soziale Lage und die "ausbeuterischen" Arbeitsbedingungen verbessern, meinte Schennach in Richtung der Wirtschaftskammer. Ältere Menschen wollen Wertschätzung und man solle sich vielmehr Gedanken machen, wie man sie begleiten kann, erklärte Manfred Mertel (SPÖ/K). Dies könne etwa durch Informationen zur Selbstverantwortung erfolgen.

Den Richtlinienentwurf sah Andreas Arthur Spanring (FPÖ/NÖ) "sehr kritisch". Dieser schaffe "Bürokratie ohne Not", koste Geld und sei ein "Sekkieren" und eine "Bevormundung" der Bürger:innen. Den Antrag auf Mitteilung befürwortete Spanring, auch wenn er "schärfer und bindender" sein könne.

Die Altersdiskriminierung durch den nun vorgelegten Kompromiss zu beseitigen, sei ein Weg, meinte Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W).
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Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich