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20.10.2021 - von Sebastian Friedrich
Der neue Bundestag ist - sieht man vom chinesischen Nationalkongress ab, das größte Parlament der Welt. Dazu muss man wissen: Die gesetzliche Regelgröße ist 598. 2017 wurde die Zahl der Abgeordneten aufgrund des bundesdeutschen Wahlsystems auf 709 Abgeordnete hochgeschraubt. 2021 ist diese Zahl weiter - auf 736 Abgeordnete gestiegen. Das sind 138 Diäten, Amtsausstattungen, Kostenpauschalen und Pensionsansprüche mehr, als es die Regelgröße vorsieht. (siehe dazu: Bundestag.de unter:Link
Eine gemeinsame Erzählung wollten sie finden in den Sondierungen. Diese
haben die Spitzen aus SPD, Grünen und FDP am 15. Oktober der
Öffentlichkeit vorgestellt, als sie verkündeten, in Koalitionsverhandlungen
treten zu wollen. »Modernisierung«, »Aufbruch«, »Zukunft« zählten zu den am
häufigsten verwendeten Wörtern. Vor allem Annalena Baerbock griff tief in die
Phrasenkiste und rief das »Jahrzehnt der Erneuerung« aus und sprach von einer
»Fortschrittskoalition« – neben dem »progressiven Bündnis« eine
Lieblingsformulierung der Grünen in letzter Zeit.
Wie nichtssagend das Progressive sein kann, zeigt eine Studie der Grünen-nahen
Heinrich-Böll-Stiftung, die Anfang des Jahres erschienen ist. Progressiv
unterscheide sich von konservativ in der Haltung: »Progressive betrachten das
Glas als halb voll, sie sehen die Chancen, den Wandel zu nutzen, um
Verbesserungen für viele zu erreichen. (…) Für Konservative hingegen ist das Glas
bereits halb leer, sie fürchten den Verlust und verwenden ihre Energie darauf,
das Erreichte zu sichern.« Ein halb volles Glas, um von der inhaltlichen Leere
abzulenken.
Beitrag von Sebastian Friedrich in Analyse & Kritik unter: Link
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Das oben erwähnte Heft "Das Progressiv-konservativ-Paradox – Vier Beiträge über Verändern und Bewahren" ist Band 58 der Schriftenreihe Demokratie. Herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung. Gestaltung: feinkost Designnetzwerk, C. Mawrodiew (basierend auf Entwürfen von State). Druck: ARNOLD group, Großbeeren. Titelphoto: © Sebastian Wells/Ostkreuz
ISBN 978-3-86928-225-1
Bestelladresse: Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin
T +49 30 28534-0 F +49 30 28534-109 E buchversand@boell.de W Link
Vorwort und Einleitung: Dr. Roman Léandre Schmidt
Die Autorinnen und Autoren:
Franziska Meifort: Was bedeutet «progressiv»?
Thomas Biebricher: Was bedeutet «konservativ»?
Jens Hacke: Vom Bewahren und Verändern – Konjunkturen des Konservatismus
Grit Straßenberger: Vom Verändern – Die sinnstiftende Funktion politischer Erzählungen
Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema
Sonstiges:
16.10.2021: Der Berliner Wahlsumpf, Wählen als Ritual der Mittelschicht, Nichtwähler
15.10.2021: Ergebnis der Sondierungen zwischen SPD, Grünen und FDP
14.10.2021: Bevor eine Agenda 2030 kommt: Was ist eigentlich mit der Agenda 2010?
Alle Artikel zum Thema
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