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KünstlerInnen: Arm wie Kirchenmäuse + altersdiskriminiert

Foto: H.S.

16.03.2019 - von Hanne Schweitzer

Gestern: Ich - erschrocken. Die siebenjährige Enkeltochter beantwortet meine, ihr seit dem 5. Lebensjahr etwa alle sechs Monate gestellte Frage danach, was sie denn später mal werden möchte, statt mit Polizistin, Knöllchenfrau oder Tierpflegerin, mit: "Also Oma weisst Du, ich möchte Künstler werden". Vor Schreck vergesse ich, den Berufswunsch des zweisprachig aufwachsenden Kindes in die weibliche Form zu bringen und sage nicht: "aha. Künstlerin möchtest Du werden", sondern frage stattdessen, um Fassung bemüht: "warum denn das?" Das Kind erklärt mir, dass es gerne bastelt und noch lieber malt, dass das Spass mache und ein Freund vom Papa sei Künstler, und der sei nett.

Nun ist dieses Land mit Kunstakademien reich gesegnet. Nirgendwo sonst gibt es so viele staatliche, staatlich anerkannte oder von den Bundesländern alimentierte Kunstakademien oder Kunsthochschulen. Diese 30 Ausbildungsstätten für bildende Kunst entlassen jedes Jahr tausende AbsolventInnen, die weder gelernt haben, wie man eine Rechnung schreibt noch dass eine selbstständige, erwerbsmäßige künstlerische Tätigkeit nach § 1 des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) versicherungspflichtig ist.

Ausser den AbsolventInnen und AutodidaktInnen, die mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurden, wissen die meisten nach kurzer Zeit der selbständigen Arbeit als bildende Künster nicht, wovon sie leben sollen. Das Interesse an und die Nachfrage nach bildender Kunst stimmen mit dem wachsenden Angebot nicht überein und "Gelungenheitskriterien" gibt es eh nicht..

Trotzdem boomt das Geschäft mit der Kunst. 2,151 Milliarden des Gesamtumsatzes der "Kultur- und Kreativwirtschaft " wurden 2017 auf dem "Kunstmarkt" .erzielt. Dieser handelt zwar mit den materialisierten Ideen bildender KünstlerInnen, für diese gibt es aber, anders als für andere Freiberufler, keine Honorarordnung, die ihnen eine angemessene Vergütung ihrer künstlerischen Arbeit sichert.

Nur knapp zehn Prozent der meist akademisch gebildeten bildenden KünstlerInnen gelingt es, ihr Jahreseinkommen allein durch den Verkauf ihrer Werke zu bestreiten. Erschwerend für die 90 Prozent kommt hinzu, dass ältere KünstlerInnen, und damit sind oft schon über 35Jährige gemeint, keinen Zugang zu Stipendien, Preisen, Wettbewerben oder strukturellen Fördermaßnahmen haben. Ihre Renten bzw. Rentenerwartungen sind niederschmetternd. Einen Tag, bevor an der Düsseldorfer Kunstakademie der ´Rundgang` begann, also die Tage, an denen sich die Studenten mit ihren Werken der Öffentlichkeit, die in Scharen kommt, präsentieren, titelte die Rheinische Post: "Rundgang als Überlebenskampf der Jugend". So etwas kann man einer SiebenJährigen doch nicht sagen!

Mehr dazu von Hanne Schweitzer unter: Link

Link: Landesregierung NRW: Altersdiskriminierung bei Kunstpreisen
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung