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EuGH: Rundfunkbeitrag ist legal

Foto: H.S.

Europäische Union - 13.12.2018

Der deutsche Rundfunkbeitrag ist mit dem Unionsrecht vereinbar. In Deutschland wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk hauptsächlich durch den Rundfunkbeitrag finanziert, den u.a. jeder Erwachsene zahlen muss, der Inhaber einer Wohnung im Inland ist.

Dieser Rundfunkbeitrag ersetzte vom 1. Januar 2013 an die alte Rundfunkgebühr, die für den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts zu entrichten war. Was die Einziehung des Rundfunkbeitrags angeht, verfügen die öffentlich-rechtlichen Sender über vom allgemeinen Recht abweichende Befugnisse, die es ihnen erlauben, die Zwangsvollstreckung von rückständigen Forderungen selbst zu betreiben.

In den Jahren 2015 und 2016 erstellte dieLandesrundfunkanstalt Südwestrundfunk (SWR) gegen Herrn Rittinger und andere Rundfunkbeitragsschuldner Vollstreckungstitel zur Beitreibung nicht gezahlter Beträge. Da die Zahlungen weiterhin ausblieben, leitete der SWR gestützt auf diese Titel die Zwangsbeitreibung seiner Forderungen ein.

Herr Rittinger und die übrigen Schuldner legten vor den deutschen Gerichten gegen die sie betreffenden Vollstreckungsmaßnahmen Rechtsmittel ein. Das in zweiter Instanz mit diesen Verfahren befasste Landgericht Tübingen war der Auffassung, der Rundfunkbeitrag und die hoheitlichen Vorrechte der öffentlich-rechtlichen Sender bei der Beitreibung verstießen gegen das Unionsrecht, insbesondere das Recht der staatlichen Beihilfen, und hat dem Gerichtshof mehrere Fragen vorgelegt.

Mit seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof erstens fest, dass die Ersetzung der Rundfunkgebühr (die fürden Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts zu entrichten war) durch den Rundfunkbeitrag (der insbesondere für das Innehaben einer Wohnung oder einer Betriebsstätte zu entrichten ist) keine erhebliche Änderung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland darstellt.

Es war daher n icht erforderlich, die Kommission von dieser Änderung als Änderung einer bestehenden Beihilfe zu unterrichten (die Kommission hatte im Jahr 2007 befunden, dass die Rundfunkgebühr als bestehende Beihilfe einzustufen sei).

Der Gerichtshof verweist hierzu u.a. darauf, dass die Ersetzung der Rundfunkgebühr durch den Rundfunkbeitrag im Wesentlichen darauf abzielt, die Voraussetzungen für die Erhebung des Rundfunkbeitrags vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklung in Bezug auf den Empfang der Programme der öffentlich-rechtlichen Sender zu vereinfachen. Außerdem hat diese Änderung zu keiner wesentlichen Erhöhung der Vergütung geführt, die die öffentlich-rechtlichen Sender erhalten, um die Kosten zu decken, die mit der Erfüllung ihres öffentlichen Auftrags verbunden sind.

Auf der Grundlage des Baden-WürttembergischenGesetzes zur Geltung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags vom 18.Oktober 2011, zuletzt geändert durch Art.
4 des Neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 3.Dezember 2015.
Entscheidung der Kommissionvom 24. April2007 (K[2007]1761endg. Staatliche Beihilfe E3/2005 [ex CP2/2003, CP232/2002, CP43/2003, CP243/2004 und CP195/2004] – Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland).

Der Gerichtshof stellt zweitens fest, dass es die Rechtsvorschriften der Union über
staatliche Beihilfen nicht verbieten, dass öffentlich-rechtlichen Sendern vom allgemeinen Recht abweichende Befugnisse eingeräumt werden, die es ihnen erlauben, die Zwangsvollstreckung von Forderungen aus rückständigen Rundfunkbeiträgen selbst zu betreiben.

Der Gerichtshof führt insoweit aus, dass die fraglichen Vorrechte von der Kommission bei ihrer Prüfung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-
rechtlichen Rundfunk im Jahr 2007 berücksichtigt wurden und seither unverändert geblieben sind. Außerdem sind derartige Vorrechte als ein dem öffentlichen Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender inhärenter Aspekt anzusehen.
Die übrigen Fragen des LandgerichtsTübingen zur Vereinbarkeit der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland
mit dem Unionsrecht erachtetder Gerichtshof unzulässig
.
HINWEIS:
Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

Zur Verwendung durch die Medien bestimmtes nichtamtliches Dokument, das den
Gerichtshof nicht bindet. Der Volltextdes Urteils wird am Tag der Verkündung auf der Curia-Website veröffentlicht.
Luxemburg, den 13. Dezember 2018 Urteil in der Rechtssache C-492/17
Südwestrundfunk /Tilo Rittinger u.a.

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EuGH Luxembourg, Urteil C-492/17, 13.12.2018 - Verkündungstermin
Donnerstag 13/12/2018 09:30
Sitzungssaal I - Ebene 8
Urteil C-492/17
Rittinger u.a.
Gerichtshof - Vierte Kammer
Staatliche Beihilfen
Generalanwalt: Campos Sánchez-Bordona
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Neuer Beschluss Dr. Sprißler, 5. Zivilkammer LG Tübingen: Vorlage beim EuGH
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EuGH Luxembourg: mündl. Verhandlung C-492/17, 04.07.2018, 9 Uhr
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EuGH C-492/17 - Brief an den Generalanwalt [Sammlung]
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EuGH Luxembourg: Generalanwalt Schlussanträge C-492/17, 26.09.2018, 9.30 Uhr
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Link: Rundfunkzwangsgebühr: Rundfunkzwangsgebühren: Ablehnungsgesuche gegen Vizepräsident F. Kirchhof zurückgewiesen…
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union PRESSEMITTEILUNG Nr. 202 /18