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Personaluntergrenzen im Krankenhaus: Protest gegen DKG und GKV

Foto: H.S.

01.06.2018 - von H.S.

In einer gemeinsamen Stellungnahme fordern Patientenorganisationen, Berufsverbände, DGB und Verdi die von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) ausgehandelten verbindlichen Personaluntergrenzen für "pflegeintensive Bereiche" in den Krankenhäusern NICHT zu akzeptieren. 2017 waren DKG und GKV vom Bundesgesundheitsministerium beauftragt worden, Pflegepersonaluntergrenzen für die Krankenhäuser auszuhandeln und festzulegen. Im Januar 2018 wurde - "nach neun bilateralen Verhandlungsrunden" und zwei „Großen Verhandlungsrunden“ –
jeweils unter Beteiligung des BMG - ein Zwischenbericht vorgelegt.

Darin enthalten:
- Einigung der Vertragsparteien über eine vorläufige Auswahl als pflegesensitiv identifizierten Bereiche in den Krankenhäusern: 1. Geriatrie, 2. Neurologie, 3.Kardiologie, Herzchirurgie, 4. Unfallchirurgie (für Allgemeine Chirurgie), 5. Intensivmedizin. Zunächst sollen für vier der sechs Bereiche Pflegepersonaluntergrenzen vereinbart werden. "Andererseits soll die oben stehende Liste um zusätzliche Bereiche erweitert werden. Für diese zusätzlichen Bereiche könnten in einem zukünftigen Schritt ebenfalls Pflegepersonaluntergrenzen eingeführt werden."

- Das Bekenntnis: "Derzeit liegen zur Pflegepersonalausstattung in Krankenhäusern sowie zum Pflegebedarf der Patienten und den sich daraus abzuleitenden Pflegepersonaluntergrenzen nur begrenzt auswertbare Daten vor. " ($!)

- Der Perzentinansatz: "Die Vertragsparteien hatten sich bereits im Zeit-und Arbeitsplan im Grundsatz darauf verständigt, dass die Festlegung der Pflegepersonaluntergrenzen in den pflegesensitiven Bereichen auf Basis eines empirisch abgeleiteten sogenannten Perzentilansatzes“´ erfolgen soll, der neben der tatsächlichen Pflegepersonalausstattung auch die Pflegelast der Patienten berücksichtigt.`"

Will sagen:
Die Fachabteilungen, welche im bundesweiten Vergleich am schlechtesten mit Pflegepersonal ausgestattet sind, sollen auf das Personal-Ausstattungsniveau der bundesweit schlechtesten zehn, 20 oder 5 Prozent aller der Kliniken - je nachdem, was entschieden wird, - angehoben werden. Maßstab zur Berechnung der Personaluntergrenzen sind also die Krankenhäuser mit dem größten Personalmangel.

- "Die Perzentilgrenze soll dabei das pflegerische Versorgungsniveau darstellen, unter dem die Patientensicherheit nicht mehr gewährleistet ist."

- Drei Varianten der Normierung von Pflegepersonaluntergrenzen:
1.
"Schweregradadjustierte Pflegepersonaluntergrenzen
Dieser Ansatz sieht vor, dass auf Grundlage des InEK-Modells alle pflegesensitiven Bereiche nach ihrem Schweregrad (Pflegelast) differenziert werden, so dass je Bereich beispielsweise drei Schweregradgruppen entstehen. In Abhängigkeit dieser Schweregradeinteilung entstehen somit Krankenhäuser mit niedrigem, mittlerem und hohem Schweregrad im jeweiligen pflegesensitiven Bereich. Für diese drei Schweregrade würden dann unterschiedliche Pflegebelastungszahlen als reine Pflegekraft-Patientenquotegelten (z.B. 1:12 niedriger Schweregrad, 1:10mittlerer Schwere-grad; 1:8 hoher Schweregrad). Das gleiche Verfahren wird für die Nachtschichtbesetzung angewandt.
Die Einteilung nach Schweregradgruppen erfolgt für die pflegesensitiven Bereiche für jedes Krankenhaus zum Zwecke der Planungssicherheit einmal jährlich im Rahmen der Budgetverhandlungen und gilt dann für das jeweilige Budgetjahr.
Diesem Vorgehen liegt die Annahme zugrunde, dass keine wesentlichenAbweichungen im Leistungsspektrum des jeweiligen Krankenhauses in
den pflegesensitiven Bereichen – und damit auch für die Schweregradklassen–
nnerhalb eines Jahres auftreten."

2.
- "Pflegepersonaluntergrenzen in Abhängigkeit vom Pflegebedarf
Bei diesem Ansatz steht der Pflegebedarf eines Patienten, der über die „Pflegelast“des InEK-Modellsapp roximiert wird, im Fokus der Betrachtung. Für jeden pflegesensitiven Bereich wird dafür das Verhältnis von Pflegekräften zu Pflegelasten ermittelt, wobei die Personal-Patienten-Zahl als „Pflegevollkraft zu Pflegelastäquivalent“ normiert wird.
Im Ergebnis wird für jeden pflegesensitiven Bereich das derzeitige Versorgungsniveau in Abhängigkeit vom Schweregrad der zu behandelnden Patienten erfasst. Die Festsetzung eines Versorgungsniveaus beim x-ten Perzentil führt für jeden pflegesensitiven Bereich zu einer schweregradgerechtenPflegepersonaluntergrenze
sowohl für die Tagschicht als auch die Nachschicht."

3.
- "Ergänzender Ansatz auf Ebene des Gesamthauses
Um gezielte Verschiebungen von Pflegepersonal aus „nicht pflegesensitiven“ in pflegesensitive Bereiche zu verhindern, hat der Gesetzgeber die Vertragsparteien beauftragt,mit der Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen auch geeignete Maßnahmen zur Vermeidung von Personalverlagerungseffekten vorzusehen. Zur Beurteilung dieser Verlagerungseffekte ist es grundsätzlich er-forderlich, neben der Personalbesetzung der pflegesensitiven Bereiche auch die Pflegepersonalbesetzung des Gesamtkrankenhauses (also inkl. aller nicht pflegesensitiven Bereiche) zu betrachten.
Sofern die enge zeitliche Frist bis zur Umsetzung von Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen nicht gehalten werden kann, ermöglicht ein ergänzender
Ansatz auf Ebene des Gesamthauses, Pflegepersonaluntergrenzen auf Basis des Gesamtkrankenhauses zu erarbeiten. Dieser Ansatz könnte als erste Stufe der Umsetzung der eigentlichen gesetzlichen Aufgabe, Pflegepersonaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen festzulegen, vorgeschaltet werden. Für diesen Gesamthausansatz soll, vereinfacht dargelegt, für jedes Krankenhaus die Vollkräfteanzahl aller im Krankenhaus im Jahresdurchschnitt tätigen examiniertenPflegekräfte dem aus dem erbrachten Leistungsspektrum (vereinbartes Fallpauschalenvolumen) zu ermittelnden Pflegeerlös gegenübergestellt werden. Der sich ergebende Quotient aus examinierten Pflegevollkräften und Pflegeerlösen soll anschließend auf Ebene jedes einzelnen Krankenhauses in Beziehung zu allen
Krankenhäusern betrachtet werden. Auf der Basis der entstehenden Verteilung
kann dann eine Pflegepersonaluntergrenze mittels Perzentilansatz festgelegt werden."

4.
Pflegelastkonzept:
Ein entsprechendes Pflegelastkonzept, das auf den Pflegepersonalkostenanteilen der DRGs basiert, wird derzeit vom InEK entwickelt. Im Ergebnis wird ein Pflegelast-Katalog berechnet, der für jede DRG die Pflegelast pro Verweildauertag sowie additive Komponenten für pflegekostenrelevante Zusatzentgelte enthält. Die zu ermittelnde Pflegelast je pflegesensitiven Bereich soll in einem weiteren Schritt bei der Festlegung von Pflegepersonaluntergrenzen Berücksichtigung finden.

5.
Wie soll normiert werden?
"DKG und der GKV-Spitzenverband sind sich zwar einig, dass anhand der zu erhebenden Daten, auf die der „Perzentil-Ansatz“ angewendet wird, die Pflegepersonaluntergrenzen festzulegen sind. Uneinigkeit besteht jedoch in der Frage, wie die konkrete Normierung aussieht. Während die DKG die Auffassung vertritt, Pflegepersonaluntergrenzen als Mindestverhältnis von Pflegekräften zu Patienten, adjustiert an drei Stufen der Pflegeschwere, festzulegen, befürwortet der GKV-
Spitzenverband die Berücksichtigung der unterschiedlichen Pflegelast der zupflegenden Personen. Das bedeutet, eine Pflegepersonaluntergrenze beschreibt das Verhältnis von Pflegekräften zur Pflegelast der zu versorgenden Patienten.
Die Herausforderung besteht dabei u.a. darin, Informationen über die Personalplanung und Ist-Personalbesetzung einerseits und die zu versorgenden Patienten andererseits auch datentechnisch miteinander zu verknüpfen. Dies geschieht in den meisten Krankenhäusern bislang nicht bzw. wäre derzeit mit hohem Aufwand verbunden. Das Pflegepersonalmanagement erfolgt übl
icherweise für Stationen eines Krankenhauses, die Leistungsabrechnung hingegen über DRGs, die unabhängig von den Organisationseinheiten eines Krankenhauses sind.

6. Zusätzlicher methodischer Ansatz
"Vermutlich" schneller umzusetzen "und als Interimslösung" geeigneter ", bis die Grundlagen für die Normierung von Pflegepersonaluntergrenzen geschaffen sind. Bei diesem Ansatz werden die Vollkräfte im Bereich der Pflege zu den Pflegeerlösen eines Krankenhauses im Jahresdurchschnitt ins Verhältnis gesetzt. Dieses Vorgehen schafft
Transparenz darüber, inwieweit die finanziellen Zwischenbericht des GKV-Spitzenverbandes und der DKG über die Umsetzung der Vorgaben nach §
137i Abs.1 SGBVSeite 19von 19 Mittel für die Pflegekräfteauch tatsächlich dafür
eingesetzt werden. Auch hierbei ließe sich über einen „Perzentil-Ansatz“ eine nicht mehr tolerierbare Untergrenze definieren.

7.
Wird´s überhaupt was mit den Untergrenzen?
Ob der gesetzliche Auftrag, Pflegepersonaluntergrenzen für pflegesensitive Bereiche festzulegen, erfolgreich wird umgesetzt werden können, wird im Wesentlichen von den
Auswertungen derIst-Pflegepersonalausstattung und der Pflegelast in den Krankenhäusern abhängen.. Nach Vergabe dieses Auftrages($) werden sich die Selbstverwaltungspartner den anderen fünf Vereinbarungen, die ebenfalls in diesem Jahr zu treffen sind, widmen.

Quelle: Zwischenbericht: https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/krankenhaeuser/pflegepersonaluntergrenzen/2018_01_30_Pflegepersonaluntergrenzen_Zwischenbericht_an_BMG.pdf