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Krankenhausarzt: Jetzt vertue ich schon eine Stunde mit Ihnen

Foto: H.S.

31.03.2018 - von A.P. + M.S.

Unsere Mutter, Frau P., 90 Jahre, wohnhaft in 92727 Waldthurn, war seit einigen Tagen sehr krank - sie litt an einer Bronchitis, verweigerte zunehmend die Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, sodass sich ihr Zustand sichtlich verschlechterte. Aufgrund dessen und der Befürchtung (die auch durch den zuständigen Pflegedienst in Waldthurn bestätigt wurde), dass sich eine lebensbedrohende Lungenentzündung bei ihr entwickelt, verständigten wir den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Herr Dr. A. kam gegen 14:00 Uhr, untersuchte unsere Mutter und veranlasste die sofortige Einweisung in das nächstliegende Krankenhaus.

Da sich unser Vater, Herr P., 89 Jahre, wohnhaft im Pflegeheim Floss, demenzkrank, derzeit im Vohenstraußer Krankenhaus aufhält, baten wir darum, auch die Mutter dorthin einzuweisen. Aufgrund der Berufstätigkeit unserer Brüder, die vor Ort leben, wäre eine Unterbringung im selben Haus von absoluter Wichtigkeit und Bedeutung gewesen, um regelmäßige Besuche zu gewährleisten.

Es war uns bewusst, dass viele Kliniken aufgrund der momentanen Grippewelle überbelegt sind und zum Teil auch einen Aufnahmestopp verhängt haben. Durch die Integrative Leitstelle erfuhren wir, dass das Vohenstraußer Krankenhaus immer noch Neuzugänge zulässt. Es bestand kein Aufnahmestopp in Vohenstrauß.

Wir veranlassten einen Krankentransport für unsere Mutter. Der Rettungsdienst traf gegen 16:00 Uhr bei uns ein. Wir, die Töchter, Maria S. wohnhaft in Grüntal bei Berlin und Anna P., wohnhaft in Köln, begleiteten sie.

Als wir dort ankamen, trafen wir im Erdgeschoss wieder auf die Sanitäterinnen mit unserer Mutter auf der mobilen Krankenliege. Im Eingangsbereich begegnete uns ein Mann in Freizeitkleidung, der sich uns nicht vorstellte.

Er sagte: “Wir nehmen keine Pflegefälle mehr an.” Wir vermuteten, dass es sich um einen Pflegedienstleiter handelte. Wir und die Sanitäterinnen wiesen sowohl auf die Einweisung durch den Arzt und auf die Information durch die Leitstelle hin, dass das Krankenhaus Vohenstrauß noch aufnahmefähig ist. Er verneinte erneut und begründete dies durch die Grippewelle und Personalmangel. Nach wie vor begrüßte er weder unsere Mutter noch uns und stellte sich auch nicht vor.

Meine Schwester, Maria S., ist ausgebildete Krankenschwester und war 21 Jahre im Klinikum Weiden als Krankenschwester und Stationsleitung tätig. Sie erklärte, dass wir auch mit der Unterbringung auf dem Flur einverstanden wären und uns um die Versorgung der Mutter selbst kümmern würden. Wir waren bereit, die volle Verantwortung dafür zu übernehmen.

Dr. Roland V. (dessen Namen wir erst später durch das Namensschild auf der inzwischen angelegten Dienstkleidung erfuhren) bat meine Schwester nach oben in die Station, um weiteres zu besprechen, während ich bei meiner Mutter blieb, der es sehr schlecht ging. Sie wurde sehr unruhig, weil ihr das Liegen auf der harten Liege Schmerzen bereitete.

Unterdessen zog Dr. V. die Stationsschwester, Schwester V. B., hinzu. Er fragte sie, ob eine Aufnahme möglich sei, und sie antwortete äußerst schroff: “Geht überhaupt nicht! Und auf den Gang mit Sauerstoffbedarf überhaupt nicht!”

Meine Schwester wiederholte, dass sie sich selbst auch rund um die Uhr um die Mutter kümmern würde, was erneut abgewehrt wurde.
Dr. V. wendete sich an eine zweite Krankenschwester, die freundlich erklärte, dass es leider nicht möglich sei. In Folge telefonierte er mit dem Krankenhaus Kemnath, um einen Weitertransport zu veranlassen.

Er kehrte mit meiner Schwester ins Erdgeschoss zurück und ordnete an, dass die Sanitäterinnen unsere Mutter in das 50 Kilometer entfernte Kemnath transportieren sollten. Da es sich um den einzigen Rettungswagen bis Raum Oberviechtach handelte, war dies nicht möglich. Dieses Fahrzeug war für Notfalleinsätze reserviert.

Bis zu einem Weitertransport hätte unsere Mutter mehr als eine Stunde auf der harten Liege verbringen müssen.

Schließlich erklärte sich Dr. V. bereit, unsere Mutter für die Wartezeit auf die Station aufzunehmen und in ein Bett auf dem Flur umzulagern. Es erfolgte eine zügige Untersuchung durch Dr. V., ebenso Sauerstoffgabe, Blutentnahme und Legen einer Braunüle. Eine Antibiose wurde umgehend angeordnet. Er erklärte nun doch, dass in einem solchen Fall jede Stunde zählt.

Damit widersprach er seinem vorhergehenden Verhalten, in dem er die Dringlichkeit der Aufnahme und Versorgung unserer Mutter verweigert bzw. einen direkten Weitertransport nach Kemnath angeordnet hatte. Er hätte den lebensbedrohlichen Zustand unserer Mutter sofort erkennen müssen.

Nach Verabreichung der Antibiose und Infusion besserte sich der Zustand unserer Mutter etwas.

Herr Dr. V. kehrte zu uns zurück und sagte zu meiner Schwester: “Und nun gehen wir mal zu Herrn P.” Denn auch im Fall unseres Vaters, der aufgrund einer beginnenden Lungenentzündung aufgenommen worden war, gab es einige bedenkliche Beobachtungen. Sein Mundbereich war vollkommen ausgetrocknet und borkig, was auf eine mangelhafte Versorgung hindeutete.

Die Entscheidung, auch unseren Vater nach Kemnath zu verlegen, wollte meine Schwester in diesem Moment nicht treffen, da sie vorab Rücksprache innerhalb der Familie halten wollte.

Herr Dr. V. äußerte in ruppigem Ton: “Jetzt vertue ich schon eine Stunde mit Ihnen.”, woraufhin meine Schwester richtig stellte, dass er diese Stunde für die Aufnahme unserer Mutter verwendet hatte.

Der Weitertransport unserer Mutter erfolgte gegen 18:00 Uhr.

Bis dahin hatte Dr. V. kein einziges Wort an unsere Mutter gerichtet und verabschiedete sich von uns mit einem lapidaren “Servus”.

Gedächtnisprotokoll 07.03.2018

Link: So geht man nicht mit einem Menschen um
Quelle: Mail an die Redaktion