Diskriminierung melden
Suchen:

Altersdiskriminierung auf Sonderparteitag der SPD am 22.1.2018 in Bonn

Foto: H.S.

23.01.2018 - von H.S.

Nachdem Martin Schulz am Wahlabend, an dem für die SPD nur noch 20,5 Prozent der Stimmen gezählt worden waren, eine große Koalition ausgeschlossen hatte, wurde er nach einem Besuch beim Bundespräsidenten Steinmeier (SPD) zu ihrem glühenden Befürworter. Laut Frankfurter Rundschau dürfte auch der Druck von Bundesstagsabgeordenten aus der SPD-Fraktion auf Martin Schulz dazu beigetragen haben, die Angst hatten, in Neuwahlen ihre Mandate zu verlieren.

Vor dem Tagungsgebäude protestierten schon seit 8 Uhr morgens ca. 300 SPD´ler, Gewerkschafter, Grüne und frühaufstehende Mitglieder von Initiativen. Rote Zipfelmützen waren zu sehen. Mehrere Dutzend Greenpeace-Aktivisten kletterten während der Demo auf einen Baukran und hängten sich wagemutig an ein riesiges freischwebendes Transparent mit der, warum bloß? englischen Aufschrift „SPD: End Coal“, also: "SPD, Kohleabbau beenden".

Über Kohle wurde nicht geredet, auch nicht über die Kürzung von Militärausgaben. Am Ende stimmten im WCCB Tagungszentrum von den 642 SPD´lern des Sonderparteitags 362 der Delegierten für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU, 297 waren dagegen, eine/r enthielt sich. Erreicht hatten die Leitfiguren der SPD das magere Ergebnis mit der Erweiterung des Leitantrags. "Konkret wirksame Verbesserungen" sollen nun bei Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU möglich werden. Dazu gehören diese drei Punkte:

" • Befristete Arbeitsverhältnisse müssen die Ausnahme sein; gerade für
Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger muss das unbefristete Arbeitsverhältnis
wieder zur Regel werden. Eine der Ursachen für die dramatische Zunahme
befristeter Beschäftigungsverhältnisse ist die seit 1985 bestehende Möglichkeit
Arbeitsverhältnisse ohne Gründe zu befristen. Deshalb sind die Abschaffung der
sachgrundlosen Befristung, die Einschränkung der Sachgründe für Befristungen
sowie die Begrenzung von Befristungsketten geeignete Maßnahmen, um insbesondere für junge Menschen für mehr Sicherheit beim Start ins Berufsleben zu sorgen und sie damit in der Phase der Familiengründung zu unterstützen."


Warum werden die "jungen Menschen" besonders hervorgehoben??? Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) bestimmt in § 14 (3): Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer [Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) wandte sich gegen Forderungen der SPD zum Arbeitsmarkt.

" • Wir wollen das Ende der Zwei-Klassen-Medizin einleiten. Dazu muss sich die
Versorgung nach dem Bedarf der Patientinnen und Patienten und nicht nach ihrem
Versicherungsstatus richten. Hierzu sind eine gerechtere Honorarordnung, die
derzeit erhebliche Fehlanreize setzt, sowie die Öffnung der GKV für Beamte
geeignete Schritte."


Wie es sich mit den Honraren von Ärzten verhält, erläutert die Rheinische Post so: "Derzeit können Ärzte für die Behandlung von Privatpatienten etwas mehr als doppelt so viel wie für Kassenpatienten abrechnen. Zudem sind die Honorare für Kassenpatienten gedeckelt. Das heißt: Wenn ein Arzt am Ende des Quartals sein Budget an Honoraren aufgebraucht hat, muss er für weitere Behandlungen Abschläge hinnehmen." Um die Honorare für Privat- oder Kassenpatienten behandelnden Ärzte "gerecht" zu machen, also anzugleichen, müssten die Krankenkassen( bzw. Patienten) laut Gesundheitsökonom Thomas Drabinski für Privatversicherte rund vier Milliarden Euro weniger an Honorar zahlen, für Kassenpatienten aber vier Milliarden mehr. (hä?)

Die SPD-Forderung nach einer "gerechteren Honorarordnung" lehnt der der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, ab. Ein solcher Schritt wäre unter rechtlichen und ordnungspolitischen Gesichtspunkten inakzeptabel, und täusche darüber hinweg, dass das Honorarsystem der GKV das eigentliche Problem darstelle.
Dr. Andreas Gassen, Orthopäde und Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), regte an, die Grundleistungen aus der Budgetierung zu holen. Es sei eine Zumutung für Ärzte und Versicherte, dass 10 bis 20 Prozent der Leistungen nicht vergütet würden, außerdem bräuchte es keine höheren Beiträge für die Versicherten zu geben, die Kassen hätten genügend Rücklagen. (Ende 2016 verfügte der Gesundheitsfonds nach Angaben des Gsundheitsministeriums über Finanzreserven von 9,1 Mrd. Euro. Die Gesamt-Reserve von Krankenkassen und Gesundheitsfonds zusammen lagen Ende 2016 bei 25 Milliarden Euro.

" • Eine weitergehende Härtefallregelung für den Familiennachzug, um Familien das
Zusammenleben zu ermöglichen."


Ralf Stegner, SPD: "Das Kontingent muss größer werden und die Regelungen außerhalb des Kontingents müssen großzügiger gestaltet werden. Die Härtefallklausel (Familiennachzug für Geflüchtete mit eingeschränktem subsidiären Schutz) wird kommen."

Weitere Reaktionen
Das CSU-Präsidium: die Ergebnisse des Sondierungspapiers werden nicht neu aufgeschnürt.
Katja Kipping, Vorsitzende der Partei Die Linke: "Es droht die endgültige Atomisierung der deutschen Sozialdemokratie.
CSU-Vizechefin Dorthee Bär: "Es wird in Koalitionsverhandlungen genau anhand des Sondierungspapiers gearbeitet, inhaltlich wird sich daran nichts mehr ändern."
Bernd Riexinger,Vorsitzender der Partei Die Linke : „Die SPD begeht Harakiri."

Forsa-Umfrage vom 22.1.2018
Laut Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL/ntv lagen die Sozialdemokraten bei der sogenannten Sonntagsfrage am Montag nach dem Sonderparteitag noch bei 17 Prozent der von den merh als 1.00 Befragten abgegebenen Stimmen.


Deutschlandtrend für das ARD-„Morgenmagazin“ am 26.1.2018
Im Vergleich zur Umfrage vom 4. Januar verliert die SPD zwei Prozentpunkte und kommt mit nur noch 19% auf den niedrigsten Wert, den Infratest dimap seit Beginn des „Deutschlandtrend“ im November 1997 gemessen hat.

Außerordentlicher Bundesparteitag in Bonn am 21. Januar 2018
Beschluss - Nr. 1: Aufnahme von Koalitionsverhandlungen unter: Link

Link: Sondierungsgespräche CSU/CDU/SPD: Wir wollen und wir werden
Quelle: diverse