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Nicht nur in Bremen: Vererben und verschenken - schwierig

Foto. H.S.

30.11.2017 - von Martin Korol

Früher habe ich gesammelt, heute verkaufe und verschenke ich. Ich hatte mal 1000 Bücher, heute erlaubte mir meine Frau gerade mal 69. Exakt. Zu Recht. Wir haben auch vier Bilder abzugeben: vier Zeichnungen von Martina Werner aus den siebziger Jahren, als Grafik anfing, sich mit Sexualität zu beschäftigen. Die Kinder wollen sie nicht haben und unsere Bekannten auch nicht. Die haben selber genug abzugeben.

Ich inseriere im Weser-Kurier und am Schwarzen Brett von Bremen.de. Es meldet sich niemand. Aber, so denke ich, das wäre doch das gefundene Fressen für die großen Bildersammlungen dieser Stadt, deren Kulturetat so gering ist, dass er nur noch mithilfe einer Excel-Tabelle verwaltet wird. Die Städtische Galerie am Buntentorsteinweg hatte doch vor zehn Jahren sogar eine Ausstellung mit Zeichnungen von Martina Werner! Da frage ich als erstes nach und sage gleich: „Die Bilder können Sie geschenkt haben.“ Ja also, ist die Antwort, man wisse nicht, werde sich aber melden. Ich habe da noch mal angerufen und auch eine Mail geschickt mitsamt den vier Zeichnungen als Datei, aber da rührte sich keiner.

Dann frage ich bei der Bremer Kunsthalle nach. Eindeutige Antwort: kein Interesse. Ach ja, die Graphotek der Stadtbibliothek. Nein, höre ich, die Sammlung werde nicht erweitert. Ich staune.

Dann riet mir jemand, der Verbindungen dazu hat, die Zeichnungen dem Museum Weserburg anzubieten. Weil das meine letzte Option war, schickte ich meinen Standardbrief in dieser Sache auch dahin und hakte dreimal nach. Ich blieb ohne Antwort.

Dann kam mir die große Idee: ich ermittelte den Wohnsitz von Martina Werner. Worpswede. Ihr Mann teilte mir allerdings mit, sie habe sich zwar riesig über das Angebot gefreut, aber sie sei zu alt und zu krank. Sie ist 90.

Irgendetwas habe ich falsch gemacht oder ich habe einfach nur falsch gedacht, als ich annahm, dass diese Stadt ihr Kulturerbe pflegt. Nicht einmal Anstand habe ich auf dieser Suche nach Erben gefunden.

Quelle: Durchblick, Dezember 2017