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Pflegeversicherung: Von Krankenkassen abkoppeln, mit Privaten fusionieren, auf Länderebene regionalisieren

02.07.2011

Nun sind sie wieder beleidigt: Erst haben sich die Verbände des Sozialen und der Wohlfahrt, trotz aller Erfahrungen mit den Hartz IV-Tricksereien, von dieser Regierung in einen „Pflegedialog“ verwickeln und mit einem „Jahr der Pflege“ einseifen lassen. Jetzt merken sie, dass sie mit ihren tollen Ideen zur schöneren Pflege einfach stehen gelassen worden sind und gerade noch mit Frau Familienministerin Schröder (CDU) über die Familienpflegezeit plaudern dürfen. Was passiert unterdessen? Die Krankenkassenkonzerne kassieren weiter in aller Ruhe die Beitragszahlungen der Pflegearbeiterinnen und Pflegearbeiter und entledigen sich gleichzeitig der Leistungsausgaben für Schlaganfallopfer, Chronischkranke, Multimorbide etc. in die Pflegekassen und in die Pflegefamilien. Daneben kassieren auch noch die Finanzminister von Bund und Ländern Steuereinnahmen aus der 20-Millarden-Pflegeversorgung und die Privaten Pflegekassen bleiben mit ihrer Klientel unter sich.

Und vor allem: Ein politisches System, das schon in noch besseren Zeiten keine Scheu hatte, über „Hartz IV“ Millionen von Menschen in einen Grundsicherungsbereich einzuweisen, wird auch keine Hemmungen haben, bei den kommenden, etwas härteren Zeiten, Millionen Menschen aus der Voll-Krankenversicherung in die Teil-Pflegeversicherung zu verfrachten. Das seit Jahren zu hörende Demografie-Geschwätz diverser „Experten“ hat hierfür längst die Legitimation geschaffen und wie man die Pflegearbeit aus der Hightech-, Prestige- und Businessmedizin los wird, haben Krankenkassen und Krankenhäuser schon vorgemacht.

Dabei bietet die Soziale Pflegeversicherung eigentlich alles, was die Gesetzliche Krankenversicherung bzw. ihre sogenannten „Spitzenverbände“ mittlerweile eliminiert haben: Pflege als Aufgabe der Gesamtgesellschaft, Länderkompetenz, Regionalprinzip, Finanzausgleich, Ortsnähe, Lebenslagenorientierung. Nur eines ist fatal: Die Rolle der Pflegekassen als Anhängselkassen der Krankenkassen. Mit jeder der rasch voranschreitenden Fusionierungen, Insolvenzstellungen oder Auflösungen von Krankenkassen verschwindet auch die zugehörige Pflegekasse. Die Konzentration der Pflegeversicherung statt ihre Regionalisierung erfolgt so auf kaltem Wege.

Wenn schon die „Demografie“ für alles und jedes als Begründung reicht, dann kann die demografisch bedingte Ausweitung der Zuständigkeit der Pflegeversicherung nur eines bedeuten: Abkoppeln der Pflegekassen von den Krankenkassenkonzernen, Fusionierung mit den gut gepolsterten Privatpflegekassen als Bürgerversicherung, Regionalisierung auf Länderebene mit Finanzausgleich und vor allem: Versicherung der Pflegearbeiterinnen und Pflegearbeiter bei einer gemeinsamen Pflege-BKK.

Wenn sich die Verbände des Sozialen und der Wohlfahrt mit solchen Themen befassen,bbleibt ihnen gar keine Zeit mehr für ihre so geliebten Busfahrten zur Bundesklagemauer.

Quelle: PM, STUDIENGRUPPE FÜR SOZIALFORSCHUNG