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Probleme bei der amtlichen Betreuung

Düsseldorf, 2016 Foto.H.S.

09.09.2016 - von Gerd Feller

Am 28.07.2016 traf sich im Kursana-Domizil (Haus Raphael) in Bremen-Vegesack eine Gesprächsrunde aus Mitgliedern der AG PWA
(G.Dragheim, G.Feller), des SoVD (H.Spradau, J.Wittrien), der Bewohnerfürsprecherin (J.Riegert) und der Heimleiterin (G.Dame) zum Thema „amtliche Betreuung“. Der Wunsch, dieses Thema
zu behandeln, kam von den beiden Damen der Pflegeeinrichtung.

Zuerst stellte uns Frau Dame kurz das Haus vor. Das Domizil liegt in der Nachbarschaft des Klinikums Bremen-Nord. Der Löhpark ist mit wenigen Schritten zu erreichen, und der Weg zur Weserpromenade oder zum Wätjens-Park dauert nur wenige Minuten. Das Haus bietet 136 Bewohnern ein komfortables Zuhause, es gibt zwei stationäre Wohnbereiche, einen Kurzpflegebereich mit 10 Plätzen und eine Wohngruppe für Menschen mit Demenz. Insgesamt stehen 26 Doppel- und 84 Einzelzimmer zur Verfügung. 87% der Heimbewohner/-innen sind Sozialhilfeempfänger.
13% können mit den anerkannten Pflegesätzen und mit eigenen Leistungen den Aufenthalt im Pflegeheim finanzieren.

Das eigentliche Thema drehte sich allerdings dann um die Probleme mit der „amtlichen Betreuung“. Viele der Bewohner sind nicht mehr alltagskompetent und benötigen eine Person, die sie betreut und offiziell berechtigt ist, die anfallende Lebensverwaltung zu übernehmen.
Dabei geht es dann z.B. um die Beschaffung von Urkunden, Übernahme von Einkäufen und Behördengängen, Begleichung von Rechnungen und die Führung von Geldkonten. Diese Tätigkeiten
können von Angehörigen und von amtlich bestellten Personen ehrenamtlich für eine geringe Aufwandsentschädigung erledigt werden. Aber das klappt nicht immer, und dann muss das Heim
einspringen, teils auch Gelder vorstrecken und anschließend eintreiben. Augenblicklich laufen z.B. 47 Mahnverfahren. Betreuer sind nicht immer zuverlässig, und die dann nötigen Gespräche und
Wege und der zusätzliche Papierkram belasten das Heimpersonal.

Mal abgesehen von dem knappen Angebot an ehrenamtlichen Betreuern/-Betreuerinnen ist die Phase ihrer Bestellung durch das Amtsgericht oft viel zu lang, dauert teils mehr als 3 Monate.
Die zurückhaltende Bereitschaft, ein Betreuungsmandat ehrenamtlich zu übernehmen, und die nicht immer korrekte Zuarbeit der betreuenden Personen hängen nicht zuletzt mit Schwierigkeiten im Ablauf der Bürokratie und mit der geringen Betreuungspauschale (88 €/Monat) zusammen.

Bei den Angehörigen besteht teilweise ein viel zu geringer Kenntnisstand über die zu berücksichtigenden Regeln und Abläufe. Das beginnt schon bei der Heimeinweisung. Überlegungen, wie die SV Bremen und die SoVD bei der Lösung dieser Probleme helfen
könnten, schlossen das Gespräch ab. Diese Institutionen haben kaum nachhaltigen Einfluss auf die Arbeit der Behörden. Aber die SV Bremen könnte sich mit Unterstützung der SoVD dafür einsetzen, dass speziell für die Angehörigen und potentiellen Heimbewohner/-innen eine Informationsbroschüre geschaffen wird, die einfach und klar aufzeigt, was vor und nach der Antragsstellung zur Heimaufnahme privat zu tun ist, also welche
Abläufe vor, bei und nach Heimeinweisungen notwendig beachtet und welche Stellen einbezogen werden müssen. Unter Berücksichtigung
der häufigen Anspannung bei ersten und weiterführenden Gesprächen mit Beratungsstellen oder Heimleitungen sollte schon rechtzeitig die Möglichkeit angeboten werden, sich in Ruhe informieren zu können.
Außerdem sollten sich die SV Bremen mit dem SoVD dafür einsetzen, dass die Aufwandsentschädigung bei ehrenamtlicher Arbeit nach
Bedarf und nicht pauschal bezahlt wird. Damit diese externen, nicht hausgemachten Schwierigkeiten bei der Verwaltung und Führung der Heime auch mal ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken und zur Versachlichung der Diskussionen über das Heimwesen beitragen, könnte der DURCHBLICK bei Gelegenheit Erfahrungsberichte veröffentlichen, so dass auch mal die Dienstleister zu Wort kommen.

Quelle: Durchblick Nummer 200! September 2016