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Direktversicherung: 21.45 Plusminus - TV Sendung

Köln, 2016 Foto: H.S.

18.05.2016

"Ein Leben lang haben viele Arbeitnehmer einen Teil ihres Netto-Lohnes umgewandelt und in eine Direktversicherung als betriebliche Altersvorsorge gesteckt, im Glauben dann im Alter abgesichert zu sein. Dann kam der Schock: Bei der Auszahlung werden von der Krankenkasse fast 18 Prozent an Sozialbeiträgen abgezogen – obwohl die Betroffenen früher bereits Pflege- und Krankenkassenbeiträge bezahlt haben.

Sendetermin: Plusminus
Mi, 18.05.16 | 21:45 Uhr
Das Erste
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Die bisher beste Sendung zum Thema meint der Direktversicherungsgeschädigte Debusmann.
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ARD Plusminus: Altersvorsorge: Ungerechtigkeit bei der Betriebsrente
Die Angestellte Ingrid W. ist 60 Jahre alt und in Vorruhestand. Fast ihr ganzes Arbeitsleben hat sie über den Betrieb für ihr Alter vorgesorgt. Nun fühlt sie sich vom Staat enteignet. Denn 1988 hatte sie eine betriebliche Altersvorsorge abgeschlossen. Dafür hat sie über ihre Firma eine Direktversicherung als sogenannte Entgeltumwandlung abgeschlossen. Monat für Monat hat sie zu Beginn 170 Mark einbezahlt, später dann fast 87 Euro.

Sozialabgaben – einmal voll bezahlt
Der Vorsorgebetrag ging vom Nettogehalt weg, sie hat also volle Sozialabgaben gezahlt. Dafür sollte es bei der Auszahlung keine Abzüge mehr geben. So hatte die Politik dafür geworben. Doch es kam ganz anders.

Bei Auszahlung Sozialabgaben nochmal voll bezahlt!
Bei der Auszahlung der in der Direktversicherung angesparten Summe von 59.000 € verlangte ihre Krankenkasse von der gesetzlich Versicherten auf einmal fast 88 Euro monatlich, auf 10 Jahre verteilt: insgesamt rund 10.500 Euro. Die Kasse zieht also doch Sozialabgaben ein, den vollen Kranken- und Pflegeversicherungssatz, also Arbeitnehmer- UND Arbeitgeberanteil - fast 18 Prozent. Ingrid W. ist empört: "28 Jahre habe ich gespart und 10 Jahre zahle ich jetzt einen höheren monatlichen Beitrag an die Krankenkasse, das ist ja gar nicht zu begreifen. Das treibt ja selbst einigen Politikern die Tränen in die Augen."
Gesetzesänderung von 2003 führt zu Ungerechtigkeit
Der Grund: Unter Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt wurde 2003 beschlossen, dass auf Auszahlungen der betrieblichen Altersvorsorge der volle Krankenkassen- und Pflegebeitrag erhoben wird. Und zwar auch rückwirkend für alle bestehenden Verträge, nicht nur für Neuabschlüsse. Ingrid W. sagt uns dazu: "Wenn wir vorher gewusst hätten, was auf uns zukommt, hätten wir diese Verträge niemals abgeschlossen."

Proteste und Klagen in ganz Deutschland
Ingrid W. ist nicht allein. Inzwischen demonstrieren die Betroffenen in ganz vielen Städten und klagen sich langwierig durch die Gerichtsinstanzen. Derzeit ist sogar ein Verfahren beim Bundesverfassungsgericht anhängig.

Antrag im Bundestag
Der Protest zeigt Wirkung. Die Linke stellte im Oktober 2015 einen Antrag im Bundestag. Danach sollten, wenn bei einer betrieblichen Altersvorsorge in der Ansparphase Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden sind, in der Leistungsphase bzw. für die Kapitalabfindung keine Krankenversicherungsbeiträge mehr fällig werden.

Kritik auch von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Versicherern
Sie erhielten Unterstützung von ungewöhnlicher Seite, von den Arbeitgebern: "Eine doppelte Belastung der betriebliche Altersvorsorge mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen ist falsch, ist ungerechtfertigt und macht die betriebliche Altersvorsorge unattraktiv," erklärt Alexander Gunkel vom Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Die Gewerkschaften wollen ebenfalls, dass Arbeitnehmer nicht mehr nochmal zur Kasse gebeten werden. Zustimmung kommt auch vom Verband der deutschen Versicherer.

Trotzdem – ein Nein vom Bundestag
Doch vor kurzem lehnte es der Bundestag den Antrag der Linken ab, die nochmalige Belastung der Altersbezüge zu beenden. Merkwürdig: wollte doch die Politik die betriebliche Altersvorsorge attraktiver machen …"

Beitrag in der ARD Mediathek: Link

Link: Direktversicherung: Auszahlung und Finanzamt
Quelle: ARD-Plusminus, 17.5.2016