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Kündigung weil zu alt und zu teuer?

Österreich - 30.09.2015

Herr A ist 58 Jahre alt und war fast sein gesamtes bisheriges Berufsleben in Führungspositionen in verschiedenen Gastronomiebetrieben tätig. Überraschend wird er ohne Angabe von Gründen von seinem aktuellen Arbeitgeber gekündigt. Seine Stelle wird mit seiner 25-jährigen Arbeitskollegin nachbesetzt. Herr A vermutet eine Diskriminierung auf Grund seines Alters.

Sachverhalt
Herr A arbeitet seit etwa fünf Jahren auf Führungsebene in einem Gastronomiebetrieb. Zwei Jahre nach Beginn des Arbeitsverhältnisses werden ihm zusätzliche Aufgaben übertragen und er wird für den Zeitraum der Erledigung dieser Aufgaben befristet befördert. Nach erfolgreichem Abschluss des Auftrags kehrt er in seine ursprüngliche Führungsposition innerhalb des Unternehmens zurück. Herr A freut sich über die hohen
Prämienzahlungen im Jahr seiner Rückkehr an den alten Arbeitsplatz, die er als ein Zeichen der Zufriedenheit mit seiner Arbeitsleistung betrachtet. Umso überraschender trifft ihn daher die plötzliche Kündigung im darauffolgenden Jahr.

Von der Entscheidung der Unternehmensleitung, das Arbeitsverhältnis zu lösen, erfährt Herr A zunächst durch den Zentralbetriebsrat Herrn S. Dieser teilt ihm auch mit, dass er
mit der Kündigung nicht einverstanden ist und dieser widersprochen hat. Er gibt an, dass er von der Unternehmensleitung darum gebeten wurde, mit der Mitteilung der Kündigung so lange wie möglich zuzuwarten. Trotzdem meldet er sich umgehend bei Herrn A. Über die Gründe der Kündigung kann auch Herr S keine Auskunft geben.

Die Stelle von Herrn A wird sehr rasch mit Frau M, seiner 25-jährigen Kollegin, nachbesetzt. Herr A wundert sich sehr, weil Frau M kurz vor seiner Kündigung selbst gekündigt hatte, um eine neue Stelle anzunehmen. Herr A erfährt, dass die
Unternehmensleitung Frau M zur Rücknahme der Kündigung überredet hat. Die Übernahme der Position von Herrn A stellte für Frau M ein Angebot dar, das sie nach eigenen Angaben nicht ausschlagen konnte.

Herr A vermutet nun, dass die Möglichkeit, ihn durch Frau M zu ersetzen, der Grund für seine plötzliche Kündigung war. Alle Umstände deuten darauf hin, dass die Unternehmensführung Herrn A auf Grund seines Alters und die damit verbundenen höheren Kosten nicht mehr beschäftigen wollte. Während Frau M vor ihrem kurzzeitigen Ausscheiden aus dem Unternehmen ca. 2.300 Euro brutto verdient hat, erhielt Herr A vor seiner Kündigung ein Gehalt in Höhe von etwa 3.600 Euro brutto zuzüglich allfälliger
Prämien. Selbst nach der versprochenen Beförderung aufgrund der Übernahme der Position von Herrn A würde Frau M nach den Gehaltskriterien des Unternehmens wohl nicht mehr als 2.800 Euro verdienen.

Der positive Werdegang und die gute Verdienstentwicklung während seiner Zeit im Unternehmen sowie die Tatsache, dass es niemals Beschwerden oder Vorwürfe seitens der Unternehmensleitung gegen ihn gegeben hat, deuten ebenfalls darauf hin, dass der
Grund für die Kündigung von Herrn A finanzieller Natur ist. Offenkundig sollen mit der jüngeren Kollegin Personalkosten eingespart werden.

Verlauf der Beratung / des Verfahrens
Der Zentralbetriebsrat Herr S rät Herrn A, gegen die Kündigung vorzugehen. Herr A entschließt sich, die Kündigung mit Unterstützung der Arbeiterkammer (AK) vor Gericht
anzufechten und bringt mit dem von der AK bereitgestellten Rechtsanwalt Klage wegen Sozialwidrigkeit der Kündigung beim Arbeits- und Sozialgericht ein. Die Klage stützt sich
auf das Argument, dass der Verlust der Arbeit in seinem Alter und die daraus voraussichtlich resultierende lange Arbeitslosigkeit eine soziale Härte darstellen. Gleichzeitig wendet sich Herr A an die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW), um sich zu seinen rechtlichen Möglichkeiten auf Basis des Gleichbehandlungsgesetzes beraten zu lassen. Sein Rechtsanwalt hatte ihm erklärt, dass er im Auftrag der Arbeiterkammer vor Gericht nur seine arbeitsrechtlichen Ansprüche geltend gemacht habe, nicht aber
mögliche Ansprüche nach dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG).

Bei der persönlichen Beratung in der Gleichbehandlungsanwaltschaft wird Herr A auch über die Möglichkeit eines Verfahrens vor der Gleichbehandlungskommission (GBK) informiert. Er entschließt sich, mit Unterstützung der Gleichbehandlungsanwaltschaft einen Antrag wegen der Vermutung einer Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bei der Gleichbehandlungskommission
einzubringen.

Kurze Zeit später zieht Herr A die gerichtliche Klage und den Antrag an die Gleichbehandlungskommission wieder zurück. Es ist ihm gelungen, sich mit seinem ehemaligen Arbeitgeber auf einen außergerichtlichen Vergleich zu einigen und er erhält eine finanzielle Entschädigung. Trotz seiner Befürchtungen hat Herr A auch bereits einen neuen Arbeitgeber gefunden, der seine langjährige Berufserfahrung und fachliche Expertise zu schätzen weiß.

Quelle: Newsletter Nov.2015 der Gleichbehandlungsanwartschaft Österreich