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Trauriger Frauentag für geschiedene DDR-Frauen

Berlin, Foto Hanne Schweitzer

08.03.2012 - von Frau Z. aus Erfurt und Hanne Schweitzer

Den in der DDR geschiedenen Frauen geht es schlecht. Die Rentenansprüche der geschiedenen Frauen, deren Zahl auf 200- 400.000 geschätzt wird, werden, weil DDR-Recht, nicht anerkannt. Frau Z. ist 70 plus, sie lebt in Thüringen und ist Mitglied im "Verein der DDR geschiedenen Frauen".

"Bisher ist alles noch ganz gut gegangen", sagt Frau Z. "Man hat sich eingeschränkt. Aber nachdem nun die Wasser- und Energiekosten so hoch geworden sind und alles andere auch immer teurer wird, bleiben mir von den 640 Euro Rente nach Abzug der laufenden Kosten nur noch 179 Euro zum Leben. Den anderen Frauen geht es genauso. Ich höre das in den Gesprächen immer wieder. Sie kommen auch nicht mehr zurecht und ich bin nicht die Einzige, die in die roten Zahlen kommt." Frau Z. kann ein Schluchzen nicht unterdrücken. Bis sie ihre Stimme wieder unter Kontrolle hat, das dauert aber nur drei Lidschläge.

"Zu DM-Zeiten konnte ich noch ab und an eine Kaffeefahrt machen oder drei Tage nach Österreich fahren. Das geht nun nicht mehr. Frau Merkel hat im Osten gewohnt und in Moskau studiert, und sie wurde in der DDR geschieden. Sie müsste doch etwas davon mitbekommen haben, wie es uns geht." Pause. Dann angebittert: "Aber uns Frauen hat noch keiner geholfen. In der DDR war es ja auch nicht anders."

Sprach zuerst die Stimme von Frau Z., aus der Ohrmuschel, lerne ich nun die Stimme des Vereinsmitglieds Frau Z. kennen. Besser: Die resolute Stimme, die so viele DDR-Frauen über 60, 65 haben. Fest im Ton, artikulierte Aussprache. Satzbau und Wortwahl: druckreif. Kein Slang, kein Mainstreambrainwashgewäsch. Inhalte durchdacht und schlüssig, dazu verständlich auf den Punkt gebracht. Und alles aus dem Kopf, nix powerpoint!

"Der Bundesrat hilft uns auch nicht", erzählt Frau Z. "Dabei sind wir alle rührig. Wir kümmern uns.

Wir schreiben,
wir demonstrieren,
wir sprechen mit den Abgeordneten,
wir sprechen mit Anwälten,
wir machen Pressearbeit!
300 Frauen waren wir 2010 in der Nikolaikirche! Das ist nicht selbstverständlich. Wir sind ja keine 20 mehr, und die Kinder oder Enkel, die uns eventuell hätten fahren können, die sind ja alle im Westen. Weil es hier keine Arbeit gibt. Der Pfarrer hat sehr schön gepredigt, auch über uns - bloß - was bewirkt es?

Eine Sekretärin sagte mir mal am Telefon: Unsere Schreiben kommen gar nicht bei denen an. Schäuble, Seehofer, Merkel, Gabriel und wie sie alle heißen. Sie darf solche Post wie unsere gar nicht vorlegen. Aber wir werden nicht aufgegeben! Auch wenn bis heute nichts passiert ist. Ich bin sehr enttäuscht: Sie warten auf die biologische Lösung!"
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"Verein in DDR geschiedener Frauen":
1. Ausschnitte des Tuns 2. Die Erfolge. 3. Die Folgen der Erfolge.


Die Erfolge des Vereins der in der DDR geschiedenen Frauen
Oktober 2010: Der Bundesrat beschließt eine "Entschließung zur Verbesserung der rentenrechtlichen Situation der im Beitrittsgebiet vor dem 1. Jan.1992 Geschiedenen". Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, eine Lösung für die betroffenen Frauen und Männer herbeizuführen und eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzusetzen.

Dezember 2010: Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof.

Dezember 2011 Der Bundestag beschäftigt sich mit den Rentenansprüchen aus DDR-Zeiten. Also mit denen, die bei der "Überleitung" des DDR-Rentenrechts in westdeutsches Rentenrecht nicht anerkannt wurden.

Februar 2012: Beschwerde wegen Diskriminierung beim "Überprüfungsausschuss des UN-Abkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau" in Genf.


TROTZ ALLEDEM: DIE FRAUEN HABEN KEINEN PENNY MEHR AUF DEM KONTO!!!! Und sind doch über 70.

Link: In DDR geschiedene Frauen: Registrieren lassen…
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung

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