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AGG + Auswahlverfahren für Kommunalbeamte

12.01.2012

Zur Frage der Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im Auswahlverfahren um die Stelle eines kommunalen Wahlbeamten (hier: Einwand der Altersdiskriminierung) hat das OVG Lüneburg am 11.01.2010
folgenden Beschluss gefasst:

"Der Zulassungsantrag der Klägerin gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, mit der dieses einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Entschädigung und Schadensersatz nach den Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes - AGG - abgelehnt hat, weil die Klägerin bei der Besetzung der Stelle der Ersten Gemeinderätin/ des Ersten Gemeinderats bei der Beklagten nicht aufgrund ihres Alters benachteiligt worden sei, hat Erfolg. Die von der Klägerin gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend gemachten ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieses Urteils bestehen.

Der Senat hat anders als das Verwaltungsgericht keine Zweifel, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im vorliegenden Fall entsprechende Anwendung findet. Dem steht nicht entgegen, dass der Senat in seinem von dem Verwaltungsgericht zitierten Beschluss vom 22. Januar 2008 (5 ME 491/07) entschieden hat, dass das in § 81 Abs. 3 Satz 1 NGO normierte Vorschlagsrecht des Bürgermeisters sowie die Wahl als solche keiner Begründung bedürfen, weil es in der Natur der Sache liegt, dass in eine Wahlentscheidung eines aus Personen unterschiedlicher politischer Ausrichtung zusammengesetzten Gremiums wie dem Rat die unterschiedlichsten Vorstellungen und Motive eingehen. Gleichwohl ist auch ein Verfahren über die Auswahl eines kommunalen Wahlbeamten an den Vorgaben des AGG zu messen.

Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Begründung bzw. die Nichtbegründung der Auswahlentscheidung, sondern sie trägt vor, bei der Wahl des Ersten Gemeinderats der Beklagten benachteiligt worden zu sein. Nach § 24 Nr. 1 AGG gelten die Vorschriften dieses Gesetzes unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Die Beteiligten dieses Verfahrens unterfallen deshalb dem Anwendungsbereich des AGG. Die Klägerin gilt entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG als Beschäftigte, weil sie sich auf eine Stelle als kommunale Wahlbeamtin bei der Beklagten und damit analog § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG für ein Beschäftigungsverhältnis beworben hat. Die Beklagte ist als Dienstherr, der die Stelle ausgeschrieben hat, entsprechen § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG Arbeitgeber im Sinne des AGG."

Weiter siehe Webseite OVG Niedersachen!
Vorinstanz 3 A 749/07 VG Stade Urteil vom 25.03.2009


12.1.2012
Der 5. Senat ist nach Anhörung der Klägerin und des Bürgermeisters der beklagten Gemeinde sowie nach Vernehmung eines ehemaligen Ratsherrn der Gemeinde und eines ehemaligen Landrates zu der Überzeugung gelangt, dass die Beamtin allein aufgrund ihres Alters von vornherein aus dem Auswahlverfahren um die Stelle des Ersten Gemeinderates ausgeschlossen worden ist. Der Klägerin stehe deshalb ein Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung zu.

Da nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin bei einer benachteiligungsfreien Auswahl vom Rat der beklagten Gemeinde gewählt worden wäre, dürfe die Entschädigung allerdings drei Monatsgehälter nicht übersteigen. Der Senat hielt die Gewährung der höchstmöglichen Entschädigung nicht für gerechtfertigt.

Nach den Umständen dieses Einzelfalls sei vielmehr eine Entschädigung in Höhe eines Monatsgehaltes angemessen und ausreichend. Die Gemeinde muss der 1953 geborenen Frau nun rund 5900 Euro zahlen, entschieden die Lüneburger Richter am Dienstag.

Link: Neues Erbrecht in Kraft
Quelle: OVG Niedersachsen