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Gewerkschaftsbund diskriminiert ältere Frauen

Österreich - 28.11.2011 - von OTS

Die Beschäftigungsquoten von Jungen und Älteren hängen nicht zusammen, das hat die OECD mehrfach bestätigt. Trotzdem äusserte sich die Frauenvorsitzende des österreichischen Gewerkschaftsbundes in der Debatte um die Erhöhung des Renteneintritt salters für Frauen in Österreich alters-und frauendiskriminierend.

Auf die Aussagen der ÖGB-Vorsitzenden Ruprecht haben die Frauen im Bundesvorstand des Österreichischen reagiert. "Die Aussagen der ÖGB-Frauenvorsitzenden sind
Altersdiskriminierung der schlimmsten Art! Zu sagen, die älteren Frauen sollten sich in die - niedrig dotierte Pension - verabschieden, damit die Jungen einen Platz hätten, ist an Bösartigkeit nicht zu überbieten.

Und es ist vor allem fachlich falsch, von der OECD deutlich widerlegt", erklärt Ingrid Korosec, Bundesobmann-Stellvertreterin des Österreichischen
Seniorenbundes und Landesvorsitzende des Wiener Seniorenbundes, die dazu gerne das Originalzitat von OECD-Expertin Monika Queisser vorlegt, welches diese im Zuge der Pensionsstudie "Pensions at a glance 2011" vorbrachte:

'Der häufig beschworene Zielkonflikt zwischen der Anstellung jüngerer und älterer Menschen existiert nicht', sagte Queisser. 'Ganz im Gegenteil, unsere Statistiken zeigen, dass eine positive Beziehung zwischen den Einstellungszahlen der unterschiedlichen Generationen herrscht. Mit anderen Worten: Länder, die ältere Menschen erfolgreich in den Arbeitsmarkt integrieren, schaffen das in der Regel auch bei jüngeren.'Es ist also höchste Zeit mit dem Vorurteil aufzuräumen, Ältere
nähmen Jüngeren den Arbeitsplatz weg"

OECD-Studien nimmt die Gewerkschaft offensichtlich nur dann zur Kenntnis, wenn die Ergebnisse ins eigene Konzept passen. Das erklärt wohl auch, warum so viele Zwangspensionierte, die sich an uns wenden, berichten dass sie von ihren Betriebsräten keinerlei Unterstützung
erfahren würden. Die aktuelle Regelung verkürzt die Karrierechancen der Frauen, die oftmals schon Mitte 40 von Weiterbildungsmaßnahmen und Beförderungsangeboten ausgeschlossen werden. So kann sich die Einkommensschere nicht schließen", stellt Korosec zudem fest.

Aubauer: "Arbeitslose 50plus darf man nicht im Stich lassen"
"Wenn die ÖGB-Frauen sagen, sie wollten keine frühere Anhebung der Frauenpensionsalter, weil es viele arbeitslose Frauen 50plus gäbe, so muss man die Frage stellen: Was bitte hilft es diesen Frauen, wenn man das Antrittsalter gleich lässt - kriegen sie deshalb plötzlich einen Job? Und warum sollen jene zwei Drittel, die sehr wohl in Beschäftigung stehen nicht profitieren dürfen? Ja, es gibt zu viele Arbeitslose 50plus - und zwar Männer und Frauen. Denen kann aber nur ein "Beschäftigungspaket 50plus" helfen, dessen Einführung wir seit einem Jahr vergebens einfordern", erklärt Mag. Gertrude Aubauer,Bundesobmann-Stellvertreterin des Österreichischen Seniorenbundes und ÖVP-Seniorensprecherin.

"Noch absurder ist dann die Behauptung, jeder könne nach Erreichen des gesetzlichen Antrittsalters gerne weiterarbeiten, niemand hindere die Menschen daran, es gäbe keine Zwangspensionierungen. Die Wahrheit ist, dass die meisten Menschen - gleich ob Frauen oder Männer-spätestens mit Erreichen des gesetzlichen Antrittsalters vor die Wahl gestellt werden: Pension oder Kündigung.

Frauen trifft dies logischerweise fünf Jahre früher als ihre männlichen Kollegen - und genau das führt zu massiven finanziellen Einbußen. Immer mehr Betroffene versuchen, sich dagegen zu wehren", so Aubauer, die dazu ergänzt: "Freilich wenden sich dann eher höher Gebildete an die Arbeits- und Sozialgerichte. Das heißt aber nicht dass nur 'Privilegierte' von den Zwangspensionierungen betroffen sind!"

"Aktuelles EuGH-Urteil ist Herausforderung für Österreichs Sozialgesetze"
Die Juristin und Europabeauftragte des Österreichischen
Seniorenbundes und Vizepräsidentin der Europäischen Seniorenunion, Mitglied des Europäischen Parlaments und BMa.D. Dr. Marilies Flemming verweist auf einen weiteren
entscheidenden Aspekt in dieser Debatte:
"Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 20. Oktober (EuGH 20. 10. 2011, C-123/10, Brachner) eine richtungsweisende Entscheidung getroffen. Dass nämlich im Zuge gesetzlicher Regelungen auch bedacht werden muss, ob davon wesentlich mehr Frauen als Männer betroffen sind.

Das bringt uns jetzt bei fast allen Pensionsneuregelungen unter Zugzwang. Denn solange die unterschiedlichen Antrittsalter (= Rentenalter) für Frauen und Männer gelten, entsteht bei vielen Neuregelungen regelmäßig eine Schieflage. Zuletzt bei den Änderungen zur so genannten Hacklerregelung, bei der nun einige Frauenjahrgänge ausgeschlossen sein werden, weil ihr gesetzliches Antrittsalter gleich hoch sein wird wie das dann neu geltende Hacklerpensions-Antrittsalter.

Wenn wir nicht ein jährliches Debakel vor dem EuGH erleben wollen, werden wir strukturiert handeln müssen - also auch das Frauenpensionsalter schrittweise früher angleichen!"

Der entsprechende Satz aus dem EuGH-Urteil im Wortlaut: "Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn eine nationale Maßnahme zwar neutral formuliert ist, in ihrer Anwendung aber wesentlich mehr Frauen als Männer benachteiligt (vgl. u. a. Urteil vom 16. Juli 2009, Gómez-Limón Sánchez-Camacho, C-537/07, Slg. 2009, I-6525, Randnr. 54
und die dort angeführte Rechtsprechung)."

"Aktuelle Debatte hat nichts mit Schuldenbremse, sondern vielmehr mit Chancenverbesserung der Frauen zu tun!"
Die drei Seniorenpolitikerinnen stellen fest: "Im Seniorenbund wird die Debatte um einen früheren Beginn dieser Angleichungen seit Jahren geführt. Ausgelöst wurde diese Diskussion von der stark steigenden Zahl an Beschwerden durch unsere Mitglieder, von denen deutlich mehr als die Mehrheit Frauen sind. Uns geht es hier nicht um Sparpotentiale aufgrund der Schuldenbremse, sondern
darum, dass Frauen länger arbeiten können und dürfen!"

"Wir haben von Anfang an eine bessere Anrechnung der
Kindererziehungszeiten auf die Pension
in diese Forderung inkludiert. Wer für jedes Kind vier Jahre anrechnet, bietet einen fairen finanziellen Ausgleich für die freilich bestehende Mehrbelastung. Und eines ist klar: Nur weil man das Antrittsalter (= Rentenalter) gleich lässt, wird keine Frau fairer bezahlt, keine Frau entlastet und besser unterstützt.

Diese Themen sind durch aktive Frauenpolitik in diesen
Bereichen zu lösen - das niedrigere Pensionsalter von Frauen ist dazu nicht geeignet und bietet sogar nennenswerte finanzielle Nachteile: Mindestens 10 Prozent weniger Pension, stellen Korosec, Aubauer und Flemming abschließend klar.

Link: Schluss mit Zwangspensionierungen…
Quelle: Österreichischer Seniorenbund, PM 25.11.2011