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Rentenwiderspruch 2011 einlegen!

30.06.2011 - von ADG

Zum 01. Juli 2011 ist es wieder so weit. Für die
Rentnerinnen und Rentner unter uns werden die gesetzlichen
Renten um sage und schreibe 0,99 Prozent angehoben. Das
gleiche gilt für die bisher erworbenen Rentenansprüche aller
Versicherten. Basis für diese Erhöhung ist die vom Statistischen Bundesamt speziell für die Rentenversicherung errechnete Einkommenssteigerung von 3,1 Prozent für das Jahr 2010.

Mit dem Nachhaltigkeitsfaktor (0,46 %), dem Riesterfaktor (0,64 %) und dem Nachholfaktor (rund 1 %) haben findige Politiker ein vielfältiges Instrumentarium entwickelt, um die Altersversorgung von Arbeitnehmern wirksam von der allgemeinen Einkommensentwicklung abzukoppeln.

Die ADG empfindet das ungerecht.

Die Politiker verstoßen hier, leider mit Zustimmung der Justiz, gegen unsere elementaren Grund- und Menschenrechte. Die unterschiedliche rechtliche Behandlung der verschiedenen Altersvorsorgesysteme ist mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Artikel 3) nicht vereinbar.

Die Tatsache, dass auch im Jahr 2010 die von der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlenden
versicherungsfremden Leistungen die entsprechenden
Zahlungen des Bundes um 15 bis 20 Mrd. Euro übersteigen,
und damit die Rentenkasse seit 1957 Jahr für Jahr zwangsweise den Bundeshaushalt subventionieren muss, verstößt gegen den Eigentumsschutz des Grundgesetzes (Artikel 14).

Dagegen wollen wir uns auch in diesem Jahr wehren. Mit
diesem Mitgliederbrief erhalten Sie dafür den Mustertext für
einen Widerspruch, den Sie einlegen können, sobald Sie den
Anpassungsbescheid der DRV erhalten haben.

Wer bereits vor 2005 in Rente gegangen ist, erhält den Bescheid der DRV im Juni, wer nach 2004 in Rente gegangen ist, erhält den Bescheid im Juli dieses Jahres.

Sie haben dann einen Monat Zeit, Ihren Widerspruch an die DRV zu schicken, an die DRV-Bund, wenn Sie von dieser betreut werden, oder an Ihre regionale DRV.

Über das ADG-Forum haben wir darüber informiert, dass die
ADG zwei Beschwerden zum Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte unterstützt.

Die erste (Az. 47505/10) wendet sich gegen die rückwirkenden, enteignenden Eingriffe in bereits nach Recht und Gesetz erworbene Rentenansprüche, die zweite (Az. 62071/10) wendet sich gegen zu geringe Rentenanpassungen. Beide Beschwerden wenden sich außerdem gegen das nur in Deutschland praktizierte Zwei-Klassenrecht bei der Altersversorgung.

Wie das BVerfG in seiner Entscheidung vom 04. Mai 2011 (1 BvR 2365/09 u.a.) eingeräumt hat, wurden die Verfassungsrichter vom Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte davon überzeugt, dass auch verurteilte Mörder Menschenrechte haben, Stichwort rückwirkende Sicherungsverwahrung.

Wir gehen deshalb davon aus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die deutsche Politik und
Justiz auch noch davon überzeugen wird, dass sogar Arbeitnehmer und Rentner im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung elementare Grund- und Menschenrechte haben.

Wann der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sich zu den beiden Beschwerden äußern wird, ist nicht abzusehen. Vorabauskünfte gibt es leider nicht.

Otto W. Teufel
ADG

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Mustertext Rentenwiderspruch 2011


Absender Datum

Einschreiben


An die
Deutsche Rentenversicherung Bund
10704 Berlin

Betr.: Widerspruch
Vers. Nr.:
Ihr Bescheid zum 01.07.2011


Widerspruch gegen die Rentenanpassung zum 01.07.2011

Hiermit erhebe ich Widerspruch gegen den oben genannten Bescheid zur Rentenanpassung zum 01.07.2011.
Die Anpassung der Renten nur um 0,99 Prozent verstößt gegen meine elementaren Grundrechte.
Ich fordere Sie auf, meine Rente zum 01.07.2011 um mindestens fünf Prozent anzuheben.

Begründung:

1. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts haben sich die Einkommen in der Privatwirtschaft seit 1998 um etwa 31 Prozent, die Verbraucherpreise um etwa 19 Prozent erhöht, die Renten dagegen nur um etwa 11,6 Prozent. Das heißt, es gibt hier bezogen auf die Einkommensentwicklung einen Nachholfaktor zu Gunsten von Arbeitnehmern und Rentnern in Höhe von 19,4 Prozent, und bezogen auf die Entwicklung der Verbraucherpreise immer noch in Höhe in Höhe von rund 7,4 Prozent.

2. Die negative Einstellung des BVerfG und des BSG gegenüber Arbeitnehmern und Rentnern in der Rechtsprechung zum Thema Rentenanpassung wird im wesentlichen mit der schlechten Finanzsituation der gesetzlichen Rentenversicherung begründet.

Die DRV weiß am besten, dass diese Argumentation falsch ist, und dass die schlechte Finanzsituation der gesetzlichen Rentenversicherung im wesentlichen der Tatsache geschuldet ist, dass der Bund die Kosten für die versicherungsfremden Leistungen seit 50 Jahren in keinem Jahr in vollem Umfang ausgeglichen hat.

Als ehrlicher Treuhänder unserer Versicherungsbeiträge wäre es Aufgabe der DRV, den Umfang der versicherungsfremden Leistungen offen zu legen, mit den Bundeszahlungen zu vergleichen und die Differenz als zusätzliche Leistung vom Bund einzufordern.

3. Das BVerfG hat in der Entscheidung vom 08.04.1987 (2 BrV 909/82 u.a.) unter anderem ausgeführt:
„Die Gefahr der Aushöhlung besteht insbesondere dann, wenn die Sonderabgaben unter Berufung auf Sachgesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern ausgedehnt und so ausgestaltet werden, dass sie an Stelle von Steuern treten können. Wegen dieser Konkurrenz versagt es das Grundgesetz dem Gesetzgeber kompetenzrechtlich, Sonderabgaben zur Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens zu erheben und das Aufkommen aus derartigen Abgaben zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden.“

Und:
„Der Gesetzgeber kann sich seiner Regelungskompetenz für die Sozialversichrung nicht bedienen, um dadurch Mittel für die Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben aufzubringen. Die Finanzmasse der Sozialversicherung ist tatsächlich und rechtlich von den allgemeinen Staatsaufgaben getrennt. Ein Einsatz der Sozialversicherungsbeiträge zur Befriedigung des allgemeinen Finanzbedarfs des Staates ist ausgeschlossen.“

Offensichtlich gehen BVerfG und BSG fälschlicherweise davon aus, dass die jährlichen Bundeszahlungen die versicherungsfremden Leistungen in vollem Umfang ausgleichen.

Es ist Aufgabe der DRV, diesen Irrtum endlich aufzuklären. Anderenfalls macht sich die DRV, meiner Meinung nach, der Beihilfe zur Untreue im Sinne des § 266 StGB schuldig. Laut einer Pressemitteilung der DRV vom 24.06.2010 hat Herr Dr. Rische, Präsident der DRV, betätigt, dass auch 2009 noch nicht einmal alle entsprechenden Ausgaben durch die Bundeszuschüsse gedeckt sind.

Ich fordere Sie deshalb auf, meinem Widerspruch abzuhelfen und meine Rente zum 01.07.2011 um mindestens fünf Prozent anzuheben oder aber im Widerspruchsbescheid alle versicherungsfremden Leistungen für das Jahr 2010 nachvollziehbar auszuweisen.

Mit freundlichen Grüßen

Link: Nullrunde bei Renten: Widerspruch einlegen!!…
Quelle: ADG Mitgliederbrief 6/2011

Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema Rente:
20.06.2011: Tschechien: Streik gg. Rente mit 67
18.06.2011: Rentenkasse: Beiträge für Behinderte
10.06.2011: Rente: 7 Jahre werden nicht anerkannt

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