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Diskriminierungsrisiko gestiegen, sagt ILO

16.05.2011 - von ILO

Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO)hat einen globalen Bericht über Diskriminierung vorgelegt. Der kommt zu dem Schluss, dass die Weltwirtschaftskrise die Tür für mehr Diskriminierung am Arbeitsplatz öffnet.

- Im Zuge der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise ist das Diskriminierungsrisiko für manche gesellschaftliche Gruppen wie beispielsweise Arbeitsmigranten wieder deutlich angestiegen. Dies zeigt der neue globale Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Umsetzung des Diskriminierungsverbots. Das Verbot von Diskriminierung am Arbeitsplatz gehört zu den so genannten Kernarbeitsnormen.

"Ökonomisch unsichere Zeiten sind ein Nährboden für Diskriminierung in der Arbeitswelt und darüber hinaus auch in der gesamten Gesellschaft. Dies lässt sich nicht zuletzt am Erstarken populistischer Bewegungen festmachen", sagte ILO-Generaldirektor Juan Somavia. Nach einigen durchaus erfreulichen Fortschritten bei der Gesetzgebung zur Antidiskriminierung stelle diese Entwicklung "eine Bedrohung für die mühsam erreichten Erfolge der letzten Jahrzehnte dar".

Der ILO-Bericht mit dem Titel "Gleichheit bei der Arbeit: die andauernde Herausforderung" belegt, dass Diskriminierung vielfältiger geworden ist. So ist Mehrfachdiskriminierung - beispielsweise aufgrund von Geschlecht und Herkunft – keine Ausnahme mehr, sondern eher die Regel. Belege dafür liefern die immer häufigeren Beschwerden über Diskriminierung am Arbeitsplatz, die bei Gleichstellungsgremien eingehen.

Die ILO, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen, warnt davor, in Zeiten des konjunkturellen Abschwungs den Arbeitnehmerrechten und dem Schutz vor Diskriminierung einen geringeren politischen Stellenwert einzuräumen. "Haushaltskürzungen bei der Arbeitsmarktpolitik, den Arbeitsinspektionen sowie bei Gleichstellungsinstitutionen können deren Fähigkeit einschränken, mehr Diskriminierung und Ungleichheit infolge der Krise zu verhindern", heißt es in dem Bericht. Mangelhafte statistische Daten erschweren jedoch eine genaue Abschätzung der Auswirkungen einzelner Maßnahmen. Daher ruft die ILO die Regierungen dazu auf, mehr Ressourcen für Datensammlung bereitzustellen.

Der Bericht zählt zahlreiche altbekannte Herausforderungen auf, die bislang bestenfalls teilweise behoben werden konnten. So bestehen trotz einiger Fortschritte bei der Geschlechtergleichheit in der Arbeitswelt die geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede fort. Weltweit verdienen Frauen nur rund 70 bis 90 Prozent des Einkommens der Männer. Trotz der Einführung flexibler Arbeitszeiten als familienfreundliche Maßnahme ist die durch Schwangerschaft und Mutterschaft bedingte Diskriminierung immer noch weit verbreitet.

Ein fortdauerndes Problem stellt auch die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz dar. Junge, finanziell abhängige, ledige oder geschiedene Frauen und Migrantinnen sind besonders ungeschützt. Männer, die sexuell belästigt werden sind meist jung, homosexuell oder Angehörige ethnischer Minderheiten.

Der Kampf gegen Rassismus ist dem Bericht zufolge wichtiger denn je. Barrieren, die Chancengleichheit und den Zugang zum Arbeitsmarkt verhindern, müssen besonders für Menschen afrikanischer und asiatischer Abstammung sowie für Angehörige indigener Völker und ethnischer Minderheiten abgebaut werden. Dies gilt wiederum vor allem für die Frauen unter ihnen. Speziell Arbeitsmigranten erfahren weitverbreitete Diskriminierung beim Zugang zum Arbeitsmarkt sowie innerhalb von Arbeitsverhältnissen. Hinzu kommt, dass sie häufig von sozialen Sicherungssystemen ausgeschlossen werden.

Immer mehr Frauen und Männer erleben auch Diskriminierung aufgrund von religiöser Zugehörigkeit sowie - vor allem im öffentlichen Sektor – aufgrund politischer Meinungen.

Wie die äußerst niedrige Erwerbstätigenquote belegt, ist die berufsbedingte Diskriminierung für eine große Menge der weltweit 650 Millionen Menschen mit Behinderungen weiter bittere Realität. Auch Menschen mit HIV/Aids leiden unter Diskriminierung etwa in Form obligatorischer Tests, die oftmals nicht freiwillig geschehen oder nicht vertraulich behandelt werden.

Ein zunehmendes Problem dürfte die Diskriminierung älterer Arbeitnehmer sein. Einer Umfrage in der EU zufolge erwarten 64 Prozent der Befragten, dass die jüngste Wirtschaftskrise zu einer erhöhten Altersdiskriminierung auf dem Arbeitsmarkt führen wird. Und schließlich rückt in einigen Industriestaaten auch die Diskriminierung aufgrund des Lebensstils, besonders im Hinblick auf das Rauchen und Fettleibigkeit, in das öffentliche Bewusstsein.

Der globale Bericht der ILO enthält eine Reihe von Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung von Diskriminierung. Sie konzentrieren sich auf vier Schlüsselbereiche: die Ratifizierung der beiden ILO-Übereinkommen über Gleichheit und Nichtdiskriminierung; mehr Forschung und Austausch von Forschungsergebnissen über Möglichkeiten zur Verhinderung von Diskriminierung am Arbeitsplatz; die Stärkung entsprechender institutioneller Kapazitäten und schließlich internationale Partnerschaften mit den wichtigsten Akteuren auf diesem Feld.

"Das Recht auf Gleichbehandlung am Arbeitsplatz ist integraler Bestandteil einer Politik für menschenwürdige Arbeit, für nachhaltiges und ausgewogenes Wachstum und für mehr gesellschaftliche Gerechtigkeit", betonte Somavia. "Dazu ist eine Politik nötig, die nicht nur auf Wirtschaftswachstum ausgerichtet ist, sondern zugleich auch auf Beschäftigung, sozialen Schutz und Arbeitsrechte. Regierungen, Sozialpartner und Zivilgesellschaft müssen dafür an einem Strang ziehen."

Die beiden grundlegenden ILO-Normen zu diesen Fragen – das Übereinkommen 100 zu Gleichheit des Entgelts von 1951 das Übereinkommen 111 zu Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf von 1958 – wurden bisher von 168 beziehungsweise 169 der insgesamt 183 ILO-Mitgliedsstaaten ratifiziert, darunter auch Deutschland. Der globale Bericht ist Teil einer Serie, die einmal im Jahr zu einer der vier Kernarbeitsnormen erscheint. Neben dem Diskriminierungsverbot zählen dazu das Verbot der Kinder- und Zwangsarbeit sowie das Recht auf Vereinigungsfreiheit.

Link: Reallohnverlust: 4,5 Prozent seit 2000
Quelle: ILO, PM 16.5.2011

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