Diskriminierung melden
Suchen:

Schröders Pflegezeit-Konzept ist Augenwischerei

25.07.2010 - von K. Senger-Schäfer/ e. Scharfenberg

„Das Konzept von Bundesfamilienministerin Schröder zur Pflegezeitregelung ist reine Augenwischerei und löst das Problem nicht im Geringsten“, so kommentiert die pflegepolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Senger-Schäfer, die Pläne der Ministerin, in diesem Jahr eine zweijährige Pflegezeit einzuführen.

„Angehörige benötigen in erster Linie Zeit und Unterstützung, um in dieser Situation professionelle Hilfe organisieren zu können. Da noch immer Frauen die Hauptlast bei Betreuung und Pflege tragen und daher häufig gezwungen sind, ihre berufliche Existenz aufs Spiel zu setzen, ist das von Schröder vorgeschlagene Familienpflegezeitkonzept nicht realitätsnah. Es führt zur Verdrängung von Frauen aus dem Berufsleben und benachteiligt Menschen mit geringem Einkommen, die sich einen Lohnabschlag von einem Viertel schlicht nicht leisten können.

DIE LINKE fordert eine zunächst sechswöchige bezahlte Pflegezeit für Erwerbstätige, um die Organisation der Pflege sicherzustellen zu können. Angehörige haben mit dieser Pflegezeit Anspruch auf Lohnfortzahlung und vollen Kündigungsschutz, der eine Rückkehr in das Unternehmen unter denselben Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewährleistet. Für diejenigen, die die Pflege ihrer Angehörigen dauerhaft übernehmen wollen, müssen Teilzeitmöglichkeiten und flexible Arbeitszeitregelungen über den gesamten Zeitraum, in denen die Pflegeleistungen erbracht werden, gesetzlich sichergestellt werden. Mit der solidarischen Bürgerversicherung in der Pflege ist diese an der Lebenswirklichkeit orientierte Pflegezeit auch finanzierbar.“

Weitere Informationen:
Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, Pressestelle
Hendrik Thalheim, Pressesprecher, Tel. +49.30.227.52800

......................

Familienministerin Schröder hat zur besseren Vereinbarkeit von Pflege und Beruf ein Familien-Pflegezeit-Modell vorgestellt. Wer Angehörige pflegt, soll künftig zwei Jahre lang die Arbeitszeit von Vollzeit auf 50 Prozent reduzieren können, aber dennoch 75 Prozent des Gehalts bekommen. Anschließend müssen die Beschäftigten wieder Vollzeit arbeiten, erhalten aber wiederum zwei Jahre nur 75 Prozent, bis die Fehlzeit nachgearbeitet ist. Es hagelte Kritik nach diesem Vorschlag von Seiten der Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Frauenverbände. Das Modell ist nicht innovativ, sondern konservativ, da die Pflege auf den "billigsten Dienst" abgewälzt, "die im Zweifel weiblichen Angehörigen".

Erneut hat Ministerin Schröder ihr Konzept verteidigt und sogar eine Einführung noch in 2010 angekündigt. Als Reaktion auf ihr Interview in der Bild Online die Pressemitteilung von Frau Elisabeth Scharfenberg, Mitglied des Deutschen Bundestages, Sprecherin für Pflegepolitik und Altenpolitik.

Das Pflegezeit-Konzept von Ministerin Schröder ist weiterhin unausgegoren Familienministerin Schröder will noch in diesem Jahr die Familien-Pflegezeit einführen. Dazu erklärt Elisabeth Scharfenberg, bayerische
Bundestagsabgeordnete und Sprecherin für Pflegepolitik und Altenpolitik:
Hast und Eile sind keine guten Berater. Noch immer bleiben im Pflegezeit-Vorhaben von Familienministerin Schröder viele Fragen offen.
Frau Schröder verkennt weiterhin die Realität. Es ist häufig nicht der Fall, dass die Angehörigen in der Nähe wohnen und sich um den pflegebedürftigen Verwanden
kümmern können. Da ist Frau Schröders eigene Familie mit dem Seniorenheim um die Ecke kein Modell für jedermann.
Frau Schröder schlägt vor, eine Vollzeit- auf eine Teilzeitstelle herunter zu stufen, um Pflegezeit in Anspruch nehmen zu können. Auch hier spricht die Realität eine andere Sprache. Vielen Angehörigen ist es aus finanziellen Gründen gar nicht möglich, eine
Gehaltseinbuße ihres Entgelts hinzunehmen.

Die pflegebedürftige Person darf nach dem Pflegezeit-Modell auch keine Rund-umdie-Uhr-Betreuung benötigen. Denn dafür ist auch eine stundenweise Abwesenheit der pflegenden Angehörigen völlig ausgeschlossen.
Das Modell von Frau Schröder ist für einige wenige sicherlich eine Überbrückungsmöglichkeit. Wir brauchen aber weitergehende Konzepte und ressortübergreifende
Lösungen. Ohne die Realitäten auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen, hat auch eine gut gemeinte Pflegezeit von Frau Schröder eher Alibifunktion. Alle Personen, die ihre Angehörigen pflegen möchten benötigen Entlastung. Sie
brauchen unabhängige Beratung und besser aufeinander abgestimmte Leistungen der Pflegeversicherung. Damit die Pflegeversicherung in Zukunft nachhaltig gesichert
werden kann, wollen wir die Finanzierung über eine Bürgerversicherung sichern.

Link: Pflege und Beruf: Läßt sich das vereinbaren?
Quelle: PM, Die Linke, 25.07.2010, PM Grüne, 26.07 2010