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Öffentliche Haushalte vor Zusammenbruch?

31.03.2010 - von Barbara Höll, Axel Troost

Die Klage über klamme Kassen ist so alt, dass man sie schon nicht mehr hören kann. Aufgrund dieser Abstumpfung wird in der politischen Debatte daher kaum wahrgenommen, dass die öffentlichen Haushalte vor einer völlig neuen Qualität von Finanznot stehen.

Viele Länder und Kommunen haben nicht nur große Finanzschwierigkeiten, sondern steuern direkt in die Pleite.
Die riesigen Steuerausfälle und Zusatzkosten infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise verschärfen diese Situation natürlich noch kurzfristig. Ursächlich schlägt in der längerfristigen Betrachtung die langjährige Erosion der Steuereinnahmen durch Steuersenkungen zu Buche. Durch die Steuersenkungspolitik von Rot-Grün, Schwarz-Rot und jetzt Schwarz-Gelb fehlen Bund, Ländern und Kommunen im Zeitraum 2009 bis 2013 fast 250 Milliarden Euro an Steuereinnahmen. Hinzu kommt, dass etliche der daraus resultierenden finanziellen Belastungen auf die untergeordneten Ebenen abgewälzt wurden, also vom Bund auf die Länder und von Bund und Ländern auf die Kommunen.

Auf Ebene der Länder tut sich wunderliches. Zwar haben sich fast alle Bundesländer für die Schuldenbremse stark gemacht, halten sich aber nicht daran. Entweder, wie im Fall des Saarlandes, weil es schier unmöglich ist. Oder, wie im eher wohlhabenden Hessen, indem man die Einhaltung der Schuldenbremse auf den Sankt Nimmerleinstag verschiebt. Viele arme Bundesländer merken endlich, dass sie sich bei ihrer Zustimmung zur Schuldenbremse von kurzsichtigen Vorteilsnahmen leiten ließen und ihre langfristigen finanziellen Handlungsspielräume völlig außer Acht gelassen haben. So hat sich das Saarland seine Zustimmung z.B. für eine jährliche Zinsbeihilfe von 180 Millionen Euro abkaufen lassen. Bei einem trotzdem verbleibenden strukturellen Defizit des Saarlands in Höhe von jährlich 500 Millionen Euro bis 2013 ist es unausweichlich, dass das Saarland ohne eine (Teil-)Entschuldung durch den Bund oder andere Länder gegen die Schuldenbremse – und damit das Grundgesetz – verstoßen wird.

Am schlimmsten trifft es die Kommunen. Anders als Bund und Länder haben die Kommunen keinerlei Mitwirkungsrechte bei der steuerlichen Rahmengesetzgebung. Die Kommunen können sich daher nur noch mehr verschulden und/oder ihre Ausgaben kürzen. Beides stößt inzwischen an praktische Grenzen, weil hochverschuldete Kommunen ihre Haushalte nicht mehr genehmigt bekommen. Gleichzeitig sind viele ihrer Ausgaben gesetzlich vorgeschrieben.

Die Finanz- und Steuerpolitik der Bundesregierung kann unter diesen Umständen bestenfalls als ignorant bezeichnet werden. Angemessener wäre wohl die Beschreibung ‚nach mir die Sintflut’.

In dieser Situation diskutiert die Bundesregierung darüber, beabsichtigte Steuersenkungen um ein Jahr zu verschieben. Auch ein Stopp weiterer Steuersenkungen löst das Problem nicht. Wer nur halbwegs klar im Kopf ist, muss jetzt die Steuereinnahmen erhöhen, indem er für die Reichen und Superreichen sowie die großen Unternehmen, für die Profiteure des globalen Finanzkasinos, empfindliche Steuererhöhungen durchsetzt.
Wir haben den Anspruch, als Partei eine Finanzpolitik aus einem Guss zu machen. Es ist zutiefst unglaubwürdig, wenn CDU- und SPD-Bürgermeister selbstinszenierend die Finanznot ihrer Kommunen beklagen, denn die Verantwortung dafür tragen ihre eigenen Parteifreunde in Berlin.
DIE LINKE will das besser machen und schreit eben nicht nur nach mehr Geld für sozialen Ausgleich, Bildung und sozial-ökologischen Umbau, sondern hat ein ganzes Sortiment an Finanzierungsvorschlägen vorgelegt: eine Vermögens- bzw. MillionärsSteuer, eine Reform der Einkommen- und Erbschaftsteuer, eine Finanztransaktionsteuer, eine Bankenabgabe und eine Gemeindewirtschaftsteuer, einen verbesserten Steuervollzug und eine effektiven Bekämpfung von Steuerhinterziehung, Einsparungen im Verteidigungsetat und vieles mehr. Rekommunalisierungen sind ein wichtiges Element, um eine Stärkung gerade der kommunalen Haushalte mit besseren Dienstleistungen für die Bürger zu verbinden.
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Heike Göbel in der FAZ am
31. März 2010: Die Bundesregierung will Banken mit einer Risikoabgabe an den Kosten künftiger Rettungsaktionen im Finanzsystem beteiligen.

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=3388
Quelle: PM: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag 31.03.2010