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Kündigungsfrist benachteiligt junge ArbeitnehmerInnen

Europäische Union - 08.07.2009 - von Hanne Schweitzer

Die im Paragraph 622 BGB festgelegten kürzeren Kündigungsfristen für jüngere ArbeitnehmerInnen verstoßen laut Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof, Yves Bot, gegen Europäisches Recht und stellen eine Altersdiskriminierung dar.

§ 622 BGB lautet: „(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen 1. zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats, 2. fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats, 3. acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats, 4. zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats, … § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4: Bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer werden Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, nicht berücksichtigt.“

Frau K. war 10 Jahre bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber, der Swedex GmbH & Co. KG beschäftigt. Als sie gekündigt wurde, setzte dieser die Kündigungsfrist lt. BGB auf einen Monat fest, weil er die Dauer der Beschäftigung VOR dem Ende ihres 25. Lebensjahres NICHT anrechnete. Ohne die fragwürdige Ausnahmeregel hätte sich die Kündigungsfrist auf vier Monate belaufen. Frau K. reichte Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht in Mönchen- Gladbach ein. Arbeitsgericht Mönchengladbach Kündigungsschutzklage ein. Sie machte ihre 10Jährige Betriebszugehörigkeit geltend. Seit ihrem vollendeten 18. Lebensjahr war sie bei der Firma beschäftigt gewesen. Dadurch verlängere sich ihre Kündigungsfrist von einem auf vier Monate. Das Arbeitsgericht gab der Klage von Frau K. statt, der Arbeitgeber legte Berufung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf ein.

Das Landesarbeitsgericht war zwar einerseits nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB überzeugt, war sich aber andererseits nicht sicher, ob diese Bestimmung mit EU-Recht vereinbar ist oder eine gemeinschaftsrechtswidrige Altersdiskriminierung darstellt. So kam die Angelegenheit per Vorabentscheidungsersuch zum EuGH.

In seinen Schlussanträgen hat der Generalanwalt Yves Bot am 7.7.09 in der Rechtssache dargelegt, dass und warum die Richtlinie 2000/78 in vorliegendem Fall die Bezugsnorm darstellt, anhand deren festzustellen ist, ob eine Altersdiskriminierung vorliegt oder nicht.

Er hat ausserdem dargelegt, dass § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB (eingeführt 1926) jüngere Beschäftigte wegen ihres Alters diskriminiert. Es handle sich dabei um "eine unmittelbare Ungleichbehandlung" wegen des Alters, sagte Bot. Diese Ungleichbehandlung sei nicht durch berechtigte Ziele zu rechtfertigen und verstoße deshalb gegen das Recht der europäischen Gemeinschaft.
Man darf gespannt sein. Normalerweise folgt der EuGH den Stellungnahmen den Gutachten der Generalanwälte.
Rechtssache C‑555/07

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=933
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung