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Mammografie-Screening nur bis 69 - warum?

Foto: H.S.

07.02.2020 - von Dieter Leimbach + Hanne Schweitzer

Innerhalb von drei Monaten erkrankten bei den Gästen der Senioren-Begegnungsstätte vier Seniorinnen mit über 70 Jahren an Brustkrebs. Es ist mir unverständlich, dass die Krankenkassen nur bis zum 69. Lebensjahr die Brustkrebs-Vorsorgeuntersuchungen (Mammografiesreening) bezahlen.
Sind die Frauen ab 70 Jahren weniger Wert?

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Brustkrebs ist mit mehr als 57.000 jährlichen Neuerkrankungen noch immer die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Durch einen Allparteienbeschluss des Bundestags wurde 2002 ein flächendeckendes Mammographie-Screening auf der Grundlage der "Europäischen Leitlinien für die Qualitätssicherung des Mammographie-Screenings" eingeführt. Seit 2004 haben nun alle Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre Anspruch auf eine Screening-Mammographie-Untersuchung, sobald diese in ihrer Region angeboten wird. Die Kosten der Vorsorge-Untersuchung werden für Frauen dieser Altersgruppe von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen bzw. für nicht versicherte Frauen von den Sozialhilfeträgern übernommen.

Die Ärztliche Genossenschaft für die Praxis und für medizinisch-technische Dienstleistungen e.G. (GenoGyn) weist darauf hin, dass in dieser Altersgruppe nur circa 50 Prozent der Mammakarzinome entstehen. Das bedeutet, alle jüngeren und älteren Frauen sind von der röntgenologischen Prävention ausgeschlossen, obwohl rund 20 Prozent der Mammakarzinome bei Frauen unter 50 und rund 30 Prozent bei Frauen über 70 Jahren auftreten.

In der Kurzfassung des Basisberichts der Gesundheitsberichterstattung Berlin 2008 - heißt es auf S. 9: "Die Wahrscheinlichkeit, an einer bösartigen Neubildung zu erkranken, wächst mit zunehmendem Alter. Ab dem 55. Lebensjahr erkranken Männer häufiger an Krebs als Frauen (Männer: 661,8 / Frauen: 640,2 je 100.000 Personen), in der Altersgruppe der 50-bis unter 55- Jährigen ist dies noch anders (Männer: 372,2 / Frauen: 458,2 je 100.000 Personen).

In der 70- bis unter 75-jährigen wie auch in der 80- bis unter 85-jährigen Berliner Bevölkerung lag die altersspezifische Erkrankungsrate der Männer bereits 75 % über der der gleichaltrigen Frauen. Die häufigsten Krebserkrankungen bei über 65-jährigen Frauen stellen Brustkrebs (23 %), Darmkrebs (18 %) und Lungenkrebs (11 %) dar. Bei den Männern dieser Altersgruppe machen Prostatakrebs (22 %), Lungenkrebs (19 %) und Darmkrebs (15 %) über die Hälfte aller bösartigen Neubildungen aus.

Eine US-amerikanische Studie belegt anhand der Daten von 16.396 Patienten, die 1993-96 innerhalb von Studien behandelt wurden, dass alte Menschen in den klinischen Studien massiv unterrepräsentiert sind. Besonders gravierend war dies bei Studien über Brustkrebs. Die fehlende Evidenz für Frauen ab 70 ist also auch durch fehlende Daten bedingt. siehe: Link

Die American Cancer Society rät Frauen ab 70 zur Fortsetzung der Früherkennung, solange nicht andere gravierende gesundheitliche Probleme die Lebenserwartung verkürzen.
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Ergänzung: Es gibt viele kritische Stimmen zum Screening. Diese beziehen sich nicht auf die von der WHO festgelegte Altersgrenzen, sondern auf den Nutzen des Mammografie-Screenings. Siehe: Link
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In D. sterben rund 17.500 Frauen pro Jahr an Brustkrebs. Karzinome in der Brust treffen vor allem Frauen über 50. Die Teilnahmequote am Sreening von 70 Prozent, die als Qualitätsvorgabe von der EU verlangt wird, liegt in D bei 52,6 Prozent. (Infos aus: www.mammao-programm.de, 21.9.09)

Erstveröffentlichung: 10.7.2009 auf altersdiskriminierung.de

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2808
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung