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AGG immer noch nicht in Kraft!

01.08.2006 - von Hanne Schweitzer

Macht der Bundespräsident Urlaub? Das kann nicht sein. Denn das Gesetz zur sogenannten "Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende" wurde, wie das AGG, ebenfalls am 07. Juli 2006 im Bundesrat ohne Beanstandungen verabschiedet, aber, anders als das AGG, wurde sein Inkraftreten zum 1.8.06 am 25.07.2006 im Bundesanzeiger veröffentlicht.

Über das AGG konnte man bis heute NIX im Bundesanzeiger lesen. Da nicht verkündet, tritt das Gesetz auch nicht, wie zuvor verlautbart, am 01. August 2006 in Kraft.

Ein Schelm, der dabei Böses denkt. Wie die FAZ meldet, liegt der Fehler aber nicht beim Bundespräsident. Dieser konnte seinen Friedrich Wilhelm nicht unter das Gesetz machen, weil er es noch nicht ausreichend geprüft hat. Das konnte er angeblich nicht, weil er das Gesetz erst am letzten Freitag (28.7.06) aus dem Kanzleramt erhalten haben soll.

Dort werden nämlich alle Gesetze zuerst unterschrieben, nachdem sie, wie das AGG, am 7.7.06 vom Bundesrat abgesegnet worden sind. Jetzt stellt sich die Frage: War der Postweg vom Bundesrat zum Kanzleramt so beschwerlich, oder lag das Gesetz die ganze Zeit im Kanzleramt rum?

Die Köhlersche Gesetzes-Prüfung, muss spätestens im September 06 abgeschlossen sein. Dann trifft sich die EU-Kommission, die ja längst ein Vertragsverletzungsverfahren gegen D eingeleitet hat, und mit hohen Geldbußen (920.000€ pro Tag) droht, falls das AGG nicht endlich verabschiedet wird.

Die Köhlerische Prüfung wird zum gleichen Schluß kommen, zu dem andere schon so lange gekommen sind, dass es die Spatzen vom Dach pfeifen.
[*]1. Das Gesetz ist nicht europrechtskonform. Z.B. sollen dem Wunsch der bundesdeutschen Arbeitgeber entsprechend, Diskriminierungen bei Entlassungen erlaubt bleiben.
[*]2. Das Gesetz, mit dem sich die bundesrepbuliknische Nomenklatura seit dem Jahr 2000 befasst, ist unsauber gearbeitet, eine einzige handwerkliche Katastrophe. So wurde der Schutz vor Diskriminierung wg. der Weltanschauung in § 19 gestrichen, in § 20, Abs. 2 bleibt er aber weiter erlaubt. In § 23 können Antidiskriminierungsbüros vor Gericht als Beistände agieren, in den Erläuterungen sind sie aber Prozeßbevollmächtigte.
[*]]3. Die beamtenrechtlichen Sonderregelungen widersprechen der sinmplen Tatsache, dass die EU-Regelungen keinen Unterschied zwischen Beamten und anderen Menschen machen.

Für die Bürger sind die Folgen der erneuten Verzögerung des AGG beachtlich: BürgerInnen haben noch immer keine rechtliche Handhabe um sich gegen Diskriminierung zu wehren. Das ist für alle von Bedeutung, die in den letzten Tagen oder Wochen ungerechtfertigt benachteiligt wurden und sich endlich dagegen wehren wollen. Die Einspruchsfrist beträgt aber nur acht Wochen! [b]Aber nur dann, wenn das Gesetz endlich in Kraft ist.

. Wegen der Verzögerungen beim Gesetz gegen Diskriminierung im Arbeits- und Geschäftsleben hat die Opposition der Bundesregierung „Schlamperei“ und „Pfusch“ vorgeworfen. Anders als geplant konnte das Gesetz nicht zum 1. August in Kraft treten, weil es der Bundespräsident erst am vergangenen Freitag zur verfassungsrechtlichen Prüfung vorgelegt wurde.

FDP – Generalsekretär Dirk Niebel sprach von „Flickwerk bis zur allerletzten Minute“. Die Regierung knüpfe „nicht nur in der Sache an das gescheiterte Projekt an, sondern auch in der Form der Regierungspfuschs“.

Quelle: FAZ, 1.8.06

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