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So war die erste Lesung des ADGs 2006

20.01.2006 - von Hanne Schweitzer

Berlin, Bundestag, 10.09 Uhr
Angela Merkel geht, Irmgard Schewe-Gerigk (Grüne) tritt hinters Pult:
" Die Umsetzungsfrist der Richtlinien ist verstrichen. Die Menschen dürfen nicht vom Markt ausgegrenzt werden."

Dr. Jürgen Geb (CDU):
"Der Gesetzentwurf und die EU-Richtlinien stellen den Kern unserer historisch gewachsenen Rechtsauffassung auf den Kopf. (Seit wann kann man Kerne auf den Kopf stellen?) Der Kampf gegen soziokulturelle (!) und ideelle (!)Benachteiligungen darf keine Priorität haben. Wir haben zig Schutzgesetze. Die Priorität von Freiheit vor Gleichheit muss wiederhergestellt werden." Sein Hinweis, dass "Weltanschauung" als Diskriminierungsgrund im Zivilrecht den Neonazis nützen würde, ist durchaus berechtigt!

Mechthild Duckmanns, (FDP)
"Wir müssen und wollen uns europakonform verhalten." (Man beachte die Reihenfolge der Verben) "Der vorliegende Gesetzentwurf hat keine Chance in dieser Form Gesetz zu werden. Die FDP erwartet einen neuen Gesetzesvorschlag von der Regierung und erneute Anhörungen zum Gesetz."

Christel Humme, SPD:
"Ich stehe zu diesem Gesetz, genauso wie die SPD-Fraktion."
Lobt Caritas und Lebenshilfe als Organisationen, die ganz besonders beim Gesetzmachen mitgeholfen haben.

Ilja Seifert, (Linke)
"Der Gesetzentwurf ist nicht mutig, er geht nicht weit genug über die Mindestanforderungen der EU-Richtlinien hinaus.

  • Diskriminierungschutz soll für alle Merkmale in allen Bereichen außer denen des Familien- und Eherechts gelten.
  • Echtes Verbandsklagerecht.
  • Abschreckende Schmerzensgeldregelungen.
  • Den Begriff der "Rasse" ersetzen durch den der "Hautfarbe".
  • Arbeitgeber sollen Schulungen zur Antidiskriminierung in den Betrieben abhalten.

  • Nur bei Gefahr für Leib und Leben sollen die in den Richtlinien und im Gesetzentwurf enthaltenen Ausnahmetatbestände gelten."

    Karin Evers-Meyer (SPD)
    "Ich stehe uneingeschränkt zu diesem Gesetz, aber es hat keine Mehrheit im Bundestag. Deshalb soll die Regierung einen eigenen Entwurf vorlegen. Darin muss auf die 6 Millionen Behinderten besondere Rücksicht genommen werden. Es wäre grotesk, Behinderte auszuklammern." (Klar, das sind 6 Millionen Wählerstimmen). Aber was ist mit den ca. 25 Millionen Älteren und den ungezählten Jüngeren Diskriminierten? Was mit den ca.8 Millionen Schwulen
    und Lesben???Die wählen auch.
    Glaubt die SPD auf diese Stimmen vezichten zu können?

    Robert Kusch,(CDU):
    Der Jörg Haider-Verschnitt aus HH wirkt äußerst belebend auf die paar Leutchen im Plenarsaal.
    "Der Anspruch, zentrale Erscheinungen unserer Gesellschaft durch Gesetz zu verändern, ist hybrid. Ich empfinde es als Vielfalt, wenn in Diskotheken in Großstädten wie Hamburg, Berlin, München und Frankfurt ein Bier 3.-- 13.-- oder 33 Euro kostet. Ich kenne keinen einzigen Fall in D., wo ein Schwarzer in einem Restaurant abgewiesen wurde. Diskriminierend ist, wenn man kein Geld hat, und sich kein teures Auto leisten kann."

    Christine Lambrecht (SPD)
    Erinnert an Briefe von Behinderten.
  • ... dass wir jetzt endlich handeln wollen.
  • ... dass jetzt dringend gehandelt werden muss.
  • ... deswegen ist dringender Handlungsbedarf geboten. In diesem Sinne bin ich sehr optimistisch, was die anstehenden Beratungen betrifft."

    Fazit:
    1. Die SPD, so hat es sehr deutlich den Anschein, möchte die Behinderten im zivilrechtlichen Teil belassen, alle anderen Merkmale rausschmeissen.
    2. Kein/e RednerIn ging auch nur mit einem einzigen Wort auf die bedeutende Tatsache ein, dass der heute behandelte Gesetzentwurf den Schutz vor Diskriminierung bei der Gesundheitsversorgung, bei der Weiterbildung und beim Sozialschutz enthält, und zwar für alle Diskriminierungsmerkmale!
    3. Der von SPD und FDP geforderte neue Gesetzentwurf wäre der 4. seit dem Jahr 2000. Von wegen Bürokratieabbau.
    4. Die weibliche Bundestagsabgeordnete trägt Merkelkette.

    Quelle: Phoenix, 20.1.05 10 Uhr - 10.09-11.08 Uhr

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